Das ist Carsten Linnemann schonmal geglückt: Der "CDU-General Knallhart", wie ihn die "Bild am Sonntag" auf ihrer Titelseite bezeichnete, macht von sich reden. Kaum auf dem Posten, sorgt der kommissarische Generalsekretär der Christdemokraten bereits für ordentlich Schlagzeilen – und deutliche Abwehrreaktionen bei der politischen Konkurrenz. Den CDU-Vorsitzenden Friedrich Merz dürfte es freuen. Nach dem Leisetreter Mario Czaja hat er mit Linnemann nun offensichtlich wieder einen Lautsprecher an seiner Seite.
Was ist passiert? Der neue Mann an Merzens Seite hatte nach wiederholter Gewalt in Berliner Freibädern die konsequente Bestrafung von Gewalttätern noch am Tattag gefordert. Er erwarte "ganz einfach" die "Durchsetzung unserer Gesetze", sagte Linnemann auf eine entsprechende Frage der "Bild am Sonntag".
"Es braucht Schnellverfahren gegen Gewalttäter, das Justizsystem muss entsprechend organisiert werden." Wer mittags im Freibad Menschen angreife, müsse abends vor dem Richter sitzen und abgeurteilt werden. "Auch am Wochenende." Die Strafprozessordnung gebe das her. Auch das Strafmaß müsse voll ausgeschöpft werden, bis hin zu Haftstrafen.
Auf Nachfrage des stern äußert sich Berlins Justizsenatorin wenig überzeugt von der Forderung des neuen CDU-Generalsekretärs. "Beschleunigte Verfahren nach der Strafprozessordnung können grundsätzlich ein geeignetes Mittel sein, um Täter schneller zu verurteilen", sagte Badenberg. "Am Ende entscheiden aber allein die Gerichte über die Durchführung beschleunigter Verfahren." Und nicht der CDU-Generalsekretär, soll das wohl heißen.
Berlins Justizsenatorin: "Bei Jugendlichen können solche Verfahren nicht angewendet werden"
Generell gilt: Die Strafprozessordnung ermöglicht es der Staatsanwaltschaft, einen Antrag auf Entscheidung im beschleunigten Verfahren zu stellen, wenn die Sache auf Grund des einfachen Sachverhalts oder der klaren Beweislage zur sofortigen Verhandlung geeignet ist. Bei Straftaten, die an einem Wochenende verübt werden, ist dafür allerdings mancherorts nicht immer ein Richter greifbar. Das Schnellgericht darf Beschuldigte maximal zu einem Jahr Freiheitsstrafe verurteilen.
Auch Justizsenatorin Badenberg weist darauf hin, dass beschleunigte Verfahren nur bei einfachen Sachverhalten mit eindeutiger Beweislage in Betracht kämen. "Bei Jugendlichen können solche Verfahren nicht angewendet werden", sagte Badenberg zum stern. Die Staatsanwaltschaften würden im Einzelfall prüfen, ob die Voraussetzungen hierfür vorliegen.

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In mehreren Berliner Freibädern war es zu Unruhen, Krawallen und Schlägereien unter Jugendlichen gekommen. So bleibt etwa nach einer Auseinandersetzung mit Jugendlichen das Columbiabad in Berlin-Neukölln vorerst geschlossen.
Die kernigen Aussagen von Linnemann stießen prompt auf Kritik. Der Richterbund wandte ein, ohne zusätzliches Personal sei das nicht zu leisten, aus den Ampel-Parteien wurde Linnemann Populismus vorgeworfen.
Grünen-Chef Omid Nouripour wies beispielsweise im ZDF-"Sommerinterview" darauf hin, dass die CDU in der Berliner Landespolitik inzwischen Verantwortung trage. Daher hoffe er, dass Linnemann solche Vorschläge nicht nur in Interviews mache, sondern auch mit Justizsenatorin Felor Badenberg (parteilos) darüber spreche, "damit schnellstmöglich Richter und Richterinnen eingestellt werden", um schnelle Verfahren zu ermöglichen.
Kritik an Linnemanns Forderungen äußerte auch die Vorsitzende der Linkspartei, Janine Wissler. "Ich meine, das Problem, das die meisten Leute haben, ist, dass kein Schwimmbad mehr in erreichbarer Nähe ist, dass viele Kinder nicht mehr schwimmen können", sagte sie im ARD-"Sommerinterview". "Das ist doch ein viel größeres Problem, als dass es vereinzelt zu Schlägereien in Freibädern kommt."