Streit um Werbespot "Zeit für ein starkes Berlin" - Die Schlager-Blamage der Berliner CDU

Sie haben es schon wieder getan: In Wahlkampfzeiten mutieren Politiker gerne mal zu Volksmusikern und produzieren Wahlkampfspots weit über der Peinlichkeitsgrenze. Diesmal versucht sich die Berliner CDU am Schunkel-Pop - und tritt gleich mehrfach ins Fettnäpfchen.

Die Berliner CDU weiß, wie man von sich reden macht: Immer ein bisschen peinlich, ein bisschen verstörend sein. Das sorgt gleich für mächtig Diskussionen in den sozialen Medien, und das ist ja schließlich das, was man sich erhofft. Einen Wahlkampfspot als Schlager (um die Älteren abzuholen), den man aber dann auf Youtube veröffentlicht (um die Jüngeren abzuholen) - das hielt die Berliner CDU für die beste Idee.

Dass sich Parteien in Wahlkampfzeiten an populärem Liedgut versuchen, ist ja nicht neu. Unvergessen etwa, wie sich der SPD-Politiker Mario Henning mit seinem Song "Harzer Septemberwind" in den Bundestag schmachten wollte. Oder die CDU Niedersachsen einst auf die schottischen Wurzeln ihres Kandidaten David McAllister hinweisen wollte.

Nun ist also auch die Berliner CDU auf den musikalischen Zug nach Nirgendwo aufgesprungen - und fängt sich prompt im Internet einen Shitstorm für den Wahlkampf im Schlagerstyle ein. "Zeit für ein starkes Berlin" heißt das Machwerk im Discofox-Rhythmus und mit der Stimme des Schlagersängers Tobias de Borg. Auf Facebook reagierten Hörer erwartbar spöttisch und ätzten: "Dagegen wirkt die dümmste Waschmittelreklame seriös." Fazit eines Nutzers: "Werbung wie diese macht es schwer, zu wählen".

Der Wahlkampfclip sollte Meinungsverschiedenheiten provozieren, das wird ersichtlich. Und das ist der CDU auch gelungen - aber nicht mit dem Schlager.

CDU drehte offenbar ohne Genehmigung

Für den eigentlichen Ärger sorgte das Video. Eine der Szenen im Clip wurde im "Klunkerkranich" gedreht, einer Dachbar in Neukölln, obwohl der Parkdeck-Club dem Filmteam nach eigener Aussage keine Genehmigung erteilte. Inhaber Robin Schellenberg will mit der CDU und deren Spot nichts zu tun haben und beschwerte sich öffentlich via Facebook: "Liebe CDU. Ihr habt keine Drehgenehmigung vom Klunkerkranich erhalten. Ich empfehle euch den Spot schnellstmöglich zu entfernen, denn ohne Genehmigung: keine Verwendung! Ihr habt keine Anfrage bei uns gestellt sondern schwarz gedreht und das in euren offiziellen Spot mit aufgenommen. Das geht nicht! Kontaktiert uns lieber schnell per Mail und nehmt das Video aus allen Portalen."

Noch hat die CDU Berlin nicht auf die Vorwürfe reagiert; auch der Clip steht weiter im Netz. Laut einer Einblendung entstammen die Bewegtbilder "alle dem Film 'Regierungsprogramm der CDU Berlin' zur Abgeordnetenhauswahl 2016". Zum großen Teil kein allzu wertvolles Bildmaterial: Zu sehen sind Berliner Feuerwehrzufahrten und Berliner Baustellenszenen, Berliner Fußballfans bei einem Public-Viewing-Event von irgendwann und Sonne-hinter-Baumkronen-Bilder von irgendwo - vielleicht in Berlin.

Auch der Text begeistert die potenziellen Wähler nicht: Dass die Stadt "mehr" sein kann als "die Hauptstadt", ist schwer zu glauben und wird auch leider nicht erläutert. Und mit dem im Refrain immerzu wiederholten Slogan "Zeit für ein starkes Berlin" spricht der Schlager der Hauptstadt auch noch jedwede Stärke ab - selbst für die Vergangenheit. Bleibt die Frage, wen genau die CDU mit ihrem Clip gern erreichen wollte. Und ob sie das auch mit ordentlicher Drehgenehmigung und ohne Shitstorm geschafft hätte.