CDU-Parteitag Die große Merkel-Revue

Unmittelbar vor dem CDU-Parteitag in Düsseldorf gärt es in der Union. Führende CDU-Politiker sprechen von einer Vorentscheidung für die Kanzlerkandidatur. Die CSU widersprach - sie will eine Entscheidung frühestens Ende 2005.

"Frau Merkel ist die unbestrittene Nummer 1 der CDU. Deshalb hat sie auch das erste Zugriffsrecht", sagte die stellvertretende Parteivorsitzende Annette Schavan. Präsidiumsmitglied Jörg Schönbohm erwartet ein gutes Ergebnis für Merkel an diesem Montag und damit eine Art Vorentscheidung für die Kanzlerkandidatur: "Ein solches Resultat wird dazu immer beitragen", sagte er der dpa. CDU-Vize Jürgen Rüttgers erklärte, ein gutes Votum für Merkel sei auch gut für die Partei. "Ich erwarte ein prachtvolles Ergebnis." 2002 hatte Merkel in Hannover 93,7 Prozent erhalten.

Die CSU beharrte hingegen darauf, dass über die Kanzlerkandidatur frühestens Ende nächsten Jahres entschieden werde. Auch Mitglieder der CDU-Führungsspitze versuchten, die Debatte zu entschärfen. "Wir beschäftigen uns hier nicht mit der Kanzlerkandidaten-Frage", sagte CDU-Generalsekretär Laurenz Meyer. Merkel selbst ging vor Beginn der Sitzung von Präsidium und Vorstand nicht direkt darauf ein und sagte nur, dass sie "sehr gelassen" dem Votum der Delegierten entgegensehe.

Merkel will einen Parteitag des Aufbruchs

Merkel will mit dem zweitägigen Kongress, an dem rund 1000 Delegierte teilnehmen, eine Stimmungswende für die Union erreichen. Das Treffen werde "ein Parteitag des Aufbruchs". Sie kündigte an, dass in den Diskussionen auch das Bekenntnis zum Patriotismus eine zentrale Rolle spielen werde. Allerdings gibt es an der Basis auch Bemühungen, der "Patriotismus"-Debatte nicht zu großes Gewicht zu geben. Darauf weisen Anträge hin, nach denen in einigen Passagen "patriotisch" durch "christlich" ersetzt werden soll.

Für Zündstoff könnte die Ausländerpolitik sorgen. Nach dpa-Informationen will die CDU-Spitze hier eine wesentliche Verschärfung des Kurses beschließen lassen, was in Teilen der Partei auf Skepsis stößt. In dem Antragsentwurf heißt es unter anderem: "Wer unsere Wertordnung - unsere freiheitliche demokratische Leitkultur - ablehnt oder sie gar verhöhnt und bekämpft, für den ist in unserem Land kein Platz."

CDU setzt auf Patriotismus

Auch im Hinblick auf den Spracherwerb wird in dem Antrag ein deutlich rigoroserer Ton angeschlagen als in bisherigen Unions- Papieren. "Wer dauerhaft in Deutschland leben will, muss auch bereit sein, die deutsche Sprache zu erlernen." Die Union will auch, dass "der Nachzug von Kindern nach Deutschland in der Regel vor dem sechsten Lebensjahr erfolgen muss". Merkel kündigte an, auf dem Parteitag die Reformthemen mit der Patriotismus-Debatte zu verbinden. "Nur wer sein Land liebt, kann es schaffen, die notwendigen Veränderungen herbeizuführen."

In der "K-Frage" forderte die Wirtschaft die Union zu einer rascheren Festlegung auf als bisher geplant. Der gerade in einer Mitgliederbefragung in Baden-Württemberg siegreiche Landtags- Fraktionschef Günther Oettinger vertrat in einem dpa-Gespräch die Auffassung, dass die Befragung auch ein Modell für die Entscheidung über den gemeinsamen Kanzlerkandidaten sein könnte.

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

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Im Mittelpunkt des ersten Tages werden neben der Wahl Merkels auch die Abstimmungen über die übrigen Vorstandsmitglieder stehen. Hier zeichnen sich kaum Kampfkandidaturen ab. Einzig für den erweiterten Vorstand kandidieren zwei Bewerber mehr, als Plätze zur Verfügung stehen. Auch über den Gesundheitskompromiss mit der CSU soll abgestimmt werden. Die Parteispitze geht von einer breiten Mehrheit aus. Am Dienstag werden die Delegierten über den weiteren Reformkurs - insbesondere in der Arbeitsmarktpolitik - abstimmen.

DPA