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Politischer Pakt "Zugspitzkreis" in der CSU - was es mit dem ominösen Bund auf sich hat

Junge CSU-Politiker auf der Zugspitze
Die Geburt des Zugspitz-Kreises: 2007 trafen sich junge CSU-Politiker auf der Zugspitze, um den damaligen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber zu stützen. Dabei entstand ein Karriere-Bündnis, das bis heute hält
© Andreas Gebert / Picture Alliance
Dobrindt. Scheuer. Bär - die starken Männer und Frauen der CSU auf dem Berliner Parkett haben eines gemeinsam: Sie sind Mitglied des "Zugspitzkreises". Was hat es mit diesem ominösen Zirkel auf sich?

Als Horst Seehofer die neue Riege der CSU-Minister präsentierte, war das Konstrukt aufs Feinste regional austariert: Die Oberbayern werden von Seehofer selbst repräsentiert, Verkehrsminister Andreas Scheuer ist der Mann der Niederbayern, Staatsministerin Dorothee Bär sorgt für den Zungenschlag aus Franken, der alte und neue Entwicklungshilfeminister Gerd Müller stammt aus Schwaben.

Dazu die beiden designierten Parlamentarischen Staatssekretäre Stephan Mayer und Thomas Silberhorn sowie der neue CSU-Generalsekretär Markus Blum und seine Stellvertreterin Daniela Ludwig, Bundestagsabgeordnete aus Rosenheim, - fertig war das neue CSU-Personaltableau.

Man kann die Aufstellung aber auch anders lesen: Immerhin vier der neuen, starken CSU-Männer und -Frauen sind Mitglieder des ominösen "Zugspitzkreises". Dabei handelt es sich um eine Gruppe von sieben damals jungen CSU-Bundestagsabgeordneten, die sich am 7. Januar 2007 gemeinsam auf den Weg zu Deutschlands höchstem Gipfel gemacht hatten.

Hintergrund der gemeinsamen Aktion: ein Fototermin, gedacht als Unterstützung für den damals taumelnden Ministerpräsidenten Edmund Stoiber. Ihm und seinem überwältigenden 60 Prozent Sieg bei der bayerischen Landtagswahl verdankten sie den Beginn ihrer politischen Karriere.

Schwur auf Deutschlands höchstem Gipfel

Stoiber ist längst Geschichte, doch der Zugspitzkreis soll bis heute existieren. Und die Mitglieder sind auf ihrem Weg nach oben in der deutschen Politik ordentlich vorangekommen, wie die Namen der damaligen Seilschaft beweisen: Karl-Theodor zu Guttenberg, Alexander Dobrindt, Andreas Scheuer, Dorothee Bär, Stephan Mayer, Stefan Müller und Daniela Ludwig.

Während Guttenberg von allen Beteiligten die rasanteste Karriere (samt beispiellosem Absturz) hingelegt hat, haben die anderen Bergfreunde ihren politischen Aufstieg klug verstetigt. Alexander Dobrindt etwa, der zunächst in der Partei als Generalsekretär Karriere machte, dann ins Verkehrsministerium wechselte, um künftig der CSU-Landesgruppe im Bundestag vorzustehen. Andreas Scheuer besetzt gern jene Positionen, die Dobrindt zuvor freigemacht hatte: erst Generalsekretär, demnächst Verkehrsminister.

Kein Zugspitzler soll gegen einen anderen kandidieren

Und nun sind im Rahmen der Regierungsbildung auch drei weitere Zugspitzler bedacht worden: Dorothee Bär als Staatsministerin für Digitales im Kanzleramt, auf Stephan Mayer wartet ein Staatssekretär-Posten im Innenministerium. Und Daniela Ludwig steigt parteiintern zur stellvertretenden Generalsekretärin auf.

Zufall - oder klug eingefädelte Strategie einer verschworenen Berggemeinschaft? Immerhin hatten sich die damaligen jungen Wilden etwas versprochen, wie Dorothee Bär einst im Deutschlandfunks preisgab: "Was wir ausgemacht haben, war, dass - wenn möglich - kein Mitglied des Zugspitzkreises gegen ein anderes Mitglied des Zugspitzkreises kandidieren sollte."

Es sind Abmachungen im Geheimen wie diese, die solche Bündnisse zum Wohl der eigenen Karriere allgemein unter einen schlechten Leumund stellen. Geheime Zirkel. Verschwiegene Kreise. Ranküne im Hinterzimmer. Solche Bilder vertragen sich nicht gut mit dem Transparenzgebot einer parlamentarischen Demokratie.

Legendär in diesem Zusammenhang ist der sogenannte "Andenpakt", zu dem sich im Juli 1979 mehrere prominente Mitglieder der Jungen Union während eines Fluges über die Anden verabredet hatten - darunter der ehemalige Bundespräsident Christian Wulff, der heutige EU-Kommissar Günter Oettinger und der ehemalige hessische Ministerpräsident Roland Koch. Das Ziel dann später: Angela Merkel verhindern und möglichst ein Mitglied des Männerbunds ins Kanzleramt hieven. Der Pakt blieb geheim, bis 2003 der "Spiegel" darüber berichtete. Und damit auch dessen Niedergang einleitete. Denn allein durch die Tatsache, dass er öffentlich wurde, verlor der Männerbund einen Teil seiner Macht. Und Angela Merkel wusste nun, wo in der Partei ihre mächtigsten Gegner sitzen - und machte sich zielgerichtet an deren Demontage.

Zugspitzkreis der CSU - der bekannteste politische Geheimbund Bayerns

Anders als die Anden-Kollegen haben die CSU-Zugspitzler aus ihrem Bund kein wirkliches Geheimnis gemacht. Er gilt als bekanntester politischer Geheimbund Bayerns. Dorothee Bär plauderte sogar in besagtem Deutschlandfunk-Interview aus, wie ein solches Bündnis klappen kann: "Je kleiner der Kreis, desto besser. Dann kann's auch funktionieren. Ich glaube wirklich ganz fest, dass es nur so funktioniert, dass man sich auf die Menschen verlassen kann. Ansonsten werden die einfach nicht mehr in den Kreis einbezogen. Und die Frage ist ja dann auch immer: Erweiterung? Ob man so einen Kreis größer machen sollte. Läuft man natürlich dann Gefahr, dass die Vertraulichkeit nicht mehr so gewahrt ist."

Die Vertraulichkeit zu wahren, ist dem "Zugspitzkreis" in den letzten Jahren recht gut gelungen. Öffentlich wurde lediglich eine Zusammenkunft, als sein bekanntestes Mitglied, Karl-Theodor zu Guttenberg, ins Stolpern geriet. Darüber, ob und in welcher Form sich die Seilschaft bei der jüngsten Vergabe der CSU-Ministerposten gegenseitig in Stellung gebracht hat, ist jedenfalls nichts publik geworden. Womöglich war die gegenseitige Unterstützung auch gar nicht mehr nötig, weil der Kreis seinen Zweck längst erfüllt hat - und alle Beteiligten gut versorgt sind.

vk

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