Debatte Pflegereform nicht vom Tisch

Die Pflegereform bleibt auf der Agenda der Bundesregierung. Nach dem von Kanzler Schröder verordneten Stopp kündigte Ulla Schmidt heute an, die Pflegeversicherung noch in dieser Legislaturperiode umfassend zu reformieren.

Gerhard Schröder verordneten Stopp kündigte Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt heute im Bundestag an, die Pflegeversicherung noch in dieser Legislaturperiode umfassend zu reformieren. Eltern sollen bis Ende des Jahres bei den Beiträgen entlastet werden, wie es das Bundesverfassungsgericht fordert. Die Grünen, die die Aufschiebung kritisiert hatten, zeigten sich zufrieden.

Schmidt sagte zum Auftrag des Verfassungsgerichts, die Entlastung für Eltern in der aktiven Phase der Erziehung "kommt zeitgerecht". Wie dies gestaltet werden soll, ließ die SPD-Politikerin offen. „Wir werden einen Weg finden“, erklärte sie. Bundeskanzler Schröder hatte in dieser Woche die Reform der Pflegeversicherung gestoppt. Vorgesehen war, Kinderlosen und Eltern erwachsener Kinder einen Sonderbeitrag zur Pflegeversicherung in Höhe von 2,50 Euro aufzuerlegen. Familienministerin Renate Schmidt sprach sich in der "Sächsischen Zeitung" dafür aus, "Kinderlose nicht zusätzlich zu belasten, sondern Eltern beispielsweise durch Freibeträge zu entlasten".

Was ist der Gesellschaft die Pflege der älteren Generation Wert?

Eine darüber hinausgehende Reform muss laut Ulla Schmidt Verbesserungen für die Demenzkranken, die Dynamisierung der Beiträge und eine Stärkung der ambulanten gegenüber der stationären Pflege umfassen. Vor der Reform werde eine breite Debatte darüber benötigt, was der Gesellschaft die Pflege der älteren Generation Wert sei und wie man sie organisieren wolle. Regierungssprecher Bela Anda betonte, es gehe "Gründlichkeit vor Schnelligkeit".

Grünen-Fraktionschefin Krista Sager erklärte: "Es ist gut und zu begrüßen, dass sich die Koalition heute nochmals darauf verständigt hat, die Pflegeversicherung umfassend zu reformieren." Die dabei anstehenden Finanzierungsfragen müssten "ergebnisoffen und ohne Denkverbote" diskutiert werden. Auch die gesundheitspolitische Sprecherin der Grünen, Birgitt Bender, sagte im Bundestag: "Einen Stillstand wird es nicht geben." Allerdings sei die Ausgestaltung der Reform diskussionsbedürftig.

Reserven schmelzen

Unionsfraktionsvize Horst Seehofer warf der Regierung indes vor, mit dem Stopp der Pflegereform ein "fatales Signal" gesetzt zu haben. "Unser Land kann alles vertragen, nur keinen Stillstand", sagte er vor den Abgeordneten. Insbesondere kritisierte er den ursprünglichen Plan der Regierung, Eltern mit erwachsenen Kindern ebenfalls mit Sonderbeiträgen zur Pflegeversicherung zu belasten. Für eine solche "Bestrafung von Familien, die in der Vergangenheit Kinder groß gezogen haben", werde die Union ihre Zustimmung nicht geben. Die CDU-Abgeordnete Hildegard Müller forderte den Aufbau eines Kapitalstocks für die Pflegeversicherung. Die Umlagefinanzierung alleine reiche auf Dauer nicht aus.

Die Gesundheitsexpertin der Grünen, Petra Selg, äußerte im Inforadio Berlin die Befürchtung, dass die Reserven der Versicherung bis 2006 aufgebraucht seien, wenn man so weitermache wie bisher. Ulla Schmidt betonte, die Pflegeversicherung habe zwar Reformbedarf, sie sei aber "immer noch finanziell ausgestattet".

FDP-Generalsekretärin Cornelia Pieper begrüßte die "rot-grüne Rückholaktion der Pflegeversicherungsreform von der zuvor selbst gezimmerten langen Bank". Sie warnte aber davor, die Entlastung der Familien über Steuern zu finanzieren.