Parteiaustritte Die Linke zerlegt sich selbst

Klaus Lederer (Linke)
Der frühere Berliner Kultursenator Klaus Lederer verlässt die Linke
© Emmanuele Contini / Imago Images
Wieder haben prominente Mitglieder die Linke verlassen. Dahinter steht nicht nur der Streit um Antisemitismus. Die Partei ist nicht reformfähig.

Nun ist es also passiert. Mit dem Austritt mehrerer früherer Kabinettsmitglieder und anderer Spitzenfunktionäre ist die Berliner Linke offiziell implodiert. 

Der Vorgang stürzt nicht nur den Landesverband ins Chaos. Er verschärft die existenzielle Krise der gesamten Partei. Die erst vor wenigen Tagen neu gewählte Bundesspitze steht vor dem nächsten Großdebakel. Statt des viel beschworenen Neunanfang ist das parlamentarische Ende der Linken noch einmal näher gerückt. 

Abgang des pragmatischen Flügels

Mit den einstigen Senatoren Klaus Lederer und Sebastian Scheel, der Ex-Senatorin Elke Breitenbach, dem früheren Fraktionschef Carsten Schatz sowie dem Haushaltspolitiker Sebastian Schlüsselburg gehen ausschließlich Vertreter des pragmatischen, kompromissbereiten, realpolitischen Flügels. Ihnen darf abgenommen werden, dass sie ihrer bisherigen Partei nicht schaden wollen. 

Dass sie trotzdem keinen anderen Weg für sich sehen, zeigt, wie tief der Riss ist, der sich durch die Linke zieht. Und er zeigt, dass die Legende, dass der Niedergang der Partei vor allem mit Sahra Wagenknecht zu tun hatte, nie gestimmt hat. 

Der Streit geht weiter

Denn auch nach der Abspaltung des BSW setzten sich die internen Gefechte fort. Die Parteivorsitzenden verschlissen sich in den endlosen Gremiensitzungen. Die zur Gruppe zusammengeschmolzene Abgeordnetenschar im Bundestag arbeitete nur bedingt miteinander – und schon gar nicht mit dem Parteivorstand. 

Hinzu kam ein teilweise ungeklärter, teilweise diffuser Umgang mit den Kriegen dieser Zeit. Egal, welche Formelkompromisse auch beschlossen wurden: Nie konnte sich die Linke zur unhinterfragten Solidarität gegenüber der Ukraine und Israel durchringen. 

Dass es die Landespartei in Berlin zuletzt nicht einmal schaffte, sich bedingungslos gegen Antisemitismus auszusprechen, führt nun zum Bruch. Man sei "an einem Punkt angelangt, an dem sich in – für unser Selbstverständnis zentralen – politischen Fragen unvereinbare Positionen verfestigt gegenüberstehen", heißt es in der Austrittserklärung. Die "nötige sachlich-inhaltliche Klärung" finde nicht statt.

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

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Der Exodus der Linke

Lederer, Breitenbach und die anderen sind nicht allein. Sie sind vielmehr Teil eines regelrechten Exodus. In den vergangenen Tagen hatten mehrere Landespolitiker und eine Sachsen-Anhalter Landtagsabgeordnete die Partei verlassen. Bereits im Juni war der Oberbürgermeister von Frankfurt (Oder) ausgetreten.

Ihnen allen ist gemeinsam: Sie halten die Partei derzeit nicht für erneuerungsfähig. Und sie haben recht. Nachdem die Bundesführung "mit großem Bedauern" die neuesten Austritte kommentiert hatte, fügte sie nochmal die neueste Ja-Aber-Variante an.

"Die Linke stellt sich gegen jede Form von Antisemitismus", heißt es in der Erklärung des Parteivorstands. Danach folgt eine doppelte Unterstellung: Die Solidarität ende dort, wo "die Kriegsverbrechen der israelischen Armee bejubelt werden".

Mit diesen ständigen Relativierungen wird die Linke nicht aus ihrer Krise finden. Im Gegenteil: Sie hat sich diese redlich verdient.