Diskussion um Beschneidungsverbot Für Grünen-Politiker ist religiöses Ritual keine Straftat

Trotz des Gerichtsurteils sehen Grünen-Politiker die Beschneidung bei Jungen nicht unbedingt als Straftat. Der Ärztekammer-Präsident rät Medizinern vor Eingriffen ab, warnt aber gleichzeitig vor Laien-Operationen.

Nach dem Beschneidungsurteil des Kölner Landgerichts haben die Grünen-Parlamentarier Renate Künast und Volker Beck Rechtssicherheit für die in Deutschland lebenden Juden und Muslime gefordert. "Wir möchten für eine differenzierte Betrachtung der grundrechtlichen Kollisionslage zwischen dem Schutz körperlicher Unversehrtheit der minderjährigen Jungen, dem Erziehungsrecht der Eltern und der Religionsfreiheit werben", schrieben Künast und Beck in einem auch von weiteren Grünen-Politikern unterzeichneten Beitrag für die "Berliner Zeitung".

Die teilweise oder vollständige Entfernung der Penisvorhaut greife zweifelsohne in die körperliche Integrität des zu Beschneidenden ein, hieß es in dem Beitrag weiter. "Rechtswidrig wird sie jedoch nur, wenn bei minderjährigen Jungen keine Einwilligung der Eltern vorliegt oder diese gegen die guten Sitten verstößt."

Urteil: Beschneidung aus religiösen Gründen strafbar

Das Kölner Gericht hatte dagegen in seiner Entscheidung vom Mai die Auffassung vertreten, die Beschneidung von Jungen aus rein religiösen Gründen sei als Körperverletzung strafbar. Sie sei auch nicht durch die Einwilligung der Eltern gerechtfertigt, da sie nicht dem Wohl des Kindes entspreche. Dessen Körper werde durch die in Islam und Judentum verbreitete Beschneidung "dauerhaft und irreparabel verändert". Das rechtskräftige Kölner Urteil ist nicht für andere Gerichte verbindlich.

Ärztekammer-Präsident Frank Ulrich Montgomery empfahl derweil Medizinern, religiös begründete Beschneidungen von Jungen gegenwärtig nicht mehr vorzunehmen. "Wir raten allen Ärztinnen und Ärzten, wegen der unklaren Rechtslage den Eingriff nicht durchzuführen", sagte Montgomery der Hamburger Regionalausgabe der "Welt". Das Kölner Urteil sei für "Ärzte unbefriedigend und für die betroffenen Kinder sogar gefährlich". Denn nun bestehe die große Gefahr, dass dieser Eingriff von Laien vorgenommen werde.

AFP
val/AFP