Einträchtige CSU Alle gegen Merkel

Kanzlerin im Kreuzfeuer: Ein halbes Jahr vor der Bundestagswahl geht die CSU geschlossen gegen Angela Merkel vor. Nach Parteichef Horst Seehofer und Landesgruppenchef Peter Ramsauer kritisiert nun auch Bayerns Innenminister Joachim Herrmann die Regierungschefin. Merkel habe der Union "völlig unnötig" neue Probleme beschert.

Im Streit um das Profil der Union hat Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) heftig attackiert. Herrmann warf der Kanzlerin am Mittwoch in München vor, Stammwähler vor den Kopf zu stoßen und der Union "völlig unnötig" neue Probleme beschert zu haben. Er bezog sich dabei unter anderem auf die Kritik Merkels am Papst sowie ihre Rolle im Streit um die Vertriebenen-Präsidentin Erika Steinbach.

Herrmann hielt der CDU-Vorsitzenden zudem vor, teilweise wochenlang zu zentralen politischen Fragen zu schweigen - wie etwa zur Diskussion um die Aufnahme von Guantánamo-Häftlingen in Deutschland. "Es muss bei solchen Dingen schon auch schneller wahrgenommen werden, wo die Kanzlerin steht." Insgesamt sei ein schärferes Unions-Profil "dringend notwendig".

"Die Kritik am Papst hätte es so nicht gebraucht", sagte Herrmann. "Damit werden Irritationen geschaffen, die so nicht nötig wären." Insbesondere konservative katholische Wähler reagierten "allergisch". Merkel hatte Papst Benedikt XVI. wegen dessen Umgang mit dem Holocaust-Leugner Bischof Richard Williamson offen kritisiert.

Mit Blick auf die Wirtschaftskrise sagte Herrmann, hier habe keiner "die totalen Patentrezepte". "Umso wichtiger ist es aber, dass wir in anderen Themenbereichen unsere Stammwähler nicht vergraulen."

"Es geht uns jetzt nicht darum, die Bundeskanzlerin zu ärgern", sagte der CSU-Politiker. Man wolle auch "nicht alles auf dem Rücken der Kanzlerin abladen". Es sei aber besser, Probleme jetzt und auch öffentlich zu diskutieren, da die Europa- und Bundestagswahlen noch weit genug entfernt seien.

Mit seiner Kritik an Merkel steht Herrmann nicht allein dar. Bereits am Montag hatte CSU-Landesgruppenchef Peter Ramsauer einen schärferen Kurs gegenüber der CDU angekündigt . In entscheidenden Fragen werde sich die CSU "nicht mehr zurückhalten, so wie die CDU beispielsweise bei der Pendlerpauschale keine Rücksicht auf die CSU genommen hat", sagte der CSU-Vize. "Wir wissen genau, welche Hoffnungen beim konservativen Kern der CDU auf der CSU ruhen."

Wunsch nach Positionierung

CSU-Chef Horst Seehofer hatte bereits am Wochenende verlangt, dass sich die Union stärker auf ihre Stammwähler konzentriere. Nötig seien weitere Steuerentlastungen, damit nicht die FDP dieses Thema besetze, sagte er nach Angaben von Teilnehmern einer kommunalpolitischen Veranstaltung der Partei am Samstag in Nürnberg.

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

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In der eigenen Partei steht Merkel angesichts des Abwärtstrends in Umfragen ebenfalls zunehmend in der Kritik. Führende Christdemokraten forderten von der CDU-Chefin am Wochenende ein schärferes Profil gegenüber dem Koalitionspartner SPD. Baden-Württembergs Ministerpräsident Günther Oettinger verlangte einen Kurswechsel. "Es darf nicht der Eindruck entstehen, die CDU sei die Partei der Verstaatlichung."

Auch Brandenburgs Innenminister Jörg Schönbohm mahnte erneut ein schärferes CDU-Profil an. "Man möchte gerne, dass die Bundeskanzlerin der Großen Koalition auch klar macht, dass sie als Parteivorsitzende manche Dinge auch anders machen würde, wenn wir die Mehrheit hätten", sagte er dem Bayerischen Rundfunk.

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DPA/AP