Der frühere Linken-Chef Oskar Lafontaine erwartet auf dem Erfurter Parteitag keine größeren Auseinandersetzungen mehr über das Grundsatzprogramm. "Die Streitfragen sind geklärt", sagte er in einem Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa. "Ich hoffe, dass von Erfurt ein Signal der Geschlossenheit ausgehen wird."
568 Delegierte der Linken kommen heute (Freitag) in der thüringischen Hauptstadt zusammen, um ihre politische Arbeit vier Jahre nach der Parteigründung erstmals auf eine programmatische Grundlage zu stellen. Der erste Entwurf wurde im Frühjahr 2010 noch von den damaligen Vorsitzenden Lafontaine und Lothar Bisky vorgelegt, ist aber inzwischen an vielen Stellen nachgebessert worden. Für den Parteitag liegen noch einmal rund 1400 Änderungsanträge vor.
"Die große Mehrheit der Parteimitglieder steht zu diesem Programm", sagte Lafontaine. Er rief seine Parteifreunde auf, die laufende Personaldebatte hinter die inhaltliche Arbeit zurückzustellen. Im Vordergrund müsse nun das derzeit wichtigste politische Thema stehen. "Das ist die Bewältigung der internationalen Finanzkrise. Die Linke ist die einzige Partei, die seriöse Vorschläge zur Überwindung dieser Finanzkrise macht."
Lafontaine unterstützt Banken-Proteste
Lafontaine unterstützte die Proteste gegen die Banken. "Sie sind allerdings noch viel zu schwach, weil die Menschen die Wirkungsweise der Finanzmärkte nicht hinreichend durchschauen", sagte er. "Sie spüren, dass etwas nicht stimmt, sehen aber nicht das ganze Ausmaß des Desasters."
Lafontaine hatte den Parteivorsitz im vergangenen Jahr wegen eines Krebsleidens abgegeben und ist nun saarländischer Fraktionsvorsitzender. Inzwischen hat er sich von der Krankheit erholt, und ihm wird nachgesagt, dass er 2013 möglicherweise wieder für den Bundestag kandidieren möchte. Zu solchen Spekulationen sagte Lafontaine lediglich: "Ich entscheide über eigene Zukunftspläne, wenn Personalentscheidungen anstehen. Zurzeit stehen keine Personalentscheidungen an."
Er sprach sich aber für eine Doppelbesetzung an der Spitze der Bundestagsfraktion aus. "Diese Entscheidung geht ja auch auf einen Vorschlag von mir zurück", sagte er. "Ich halte eine Doppelspitze im Grundsatz weiterhin für sinnvoll." Die Bundestagsfraktion hatte bereits im vergangenen Jahr eine Doppelspitze beschlossen, will unmittelbar nach dem Parteitag aber erneut darüber entscheiden. Die Wiederwahl Gregor Gysis als Fraktionschef gilt als sicher. Als mögliche Co-Vorsitzende ist die Parteilinke Sahra Wagenknecht im Gespräch.