"Ich habe mich entschlossen, im kommenden Jahr erneut für das Amt des Bundespräsidenten zu kandidieren", kündigte der 65-Jährige in seinem Amtssitz Schloss Bellevue an. "Deutschland, unser Land, ist vorangekommen in den vergangenen Jahren", fuhr Köhler fort. Diesen Prozess wollte er weiter begleiten und fördern. "Sie können sich darauf verlassen, dass ich mein Bestes gebe." Eine Gegenkandidatur fürchte er nicht. Er sei "sehr zuversichtlich", dass er wiedergewählt werde.
Unmittelbar danach kündigte SPD-Chef Kurt Beck an, dass die SPD-Spitze am kommenden Montag ihr weiteres Vorgehen festlegen will. Die Entscheidung Köhlers nehme man "mit Respekt" zur Kenntnis, sagte er. Die Sozialdemokraten erwägen, in Gesine Schwan eine eigene Kandidatin für das höchste Staatsamt zu nominieren. Die Präsidentin der Viadrina-Universität in Frankfurt (Oder) war Köhler 2004 knapp unterlegen. Die 65-jährige Schwan hat bereits ihre Bereitschaft für eine neuerliche Kandidatur signalisiert.
Bundeskanzlerin Angela Merkel begrüßte die Ankündigung Köhlers. Das Staatsoberhaupt gehe offen auf die Menschen zu, spreche aber auch unbequeme Wahrheiten aus. "Deshalb bin ich sehr froh, und ich gehe davon aus, dass er wirklich breite Unterstützung bekommen wird", sagte die CDU-Vorsitzende in Osnabrück. Die Frage, ob ein SPD-Gegenkandidat die Große Koalition belasten würde, ließ sie offen. CDU, CSU und FDP haben sich bereits offiziell für die Wiederwahl Köhlers ausgesprochen. Die SPD wollte zunächst die Entscheidung des Staatsoberhauptes über seine Kandidatur abwarten.
"Einen demokratischen Wahlkampf braucht niemand zu fürchten"
Die Ankündigung der Bundespräsidenten erfolgte fast auf den Tag genau ein Jahr vor der Wahl des nächsten Staatsoberhauptes am 23. Mai 2009. Den Parteivorsitzenden habe er seinen Entschluss bereits mitgeteilt, sagte Köhler. "Ein Jahr vor der Bundesversammlung sollte Klarheit herrschen." Dieses Wort löse er nun ein.
Köhler äußerte sich "sehr zuversichtlich", dass er sich auch gegen einen möglichen Gegenkandidaten durchsetzen werde. Er erfahre große Unterstützung aus der Bevölkerung, und es gebe Parteien, die ihn unterstützen. "Einen demokratischen Wahlkampf braucht niemand zu fürchten", betonte Köhler. "Ich sehe der Entwicklung mit Ruhe und Gelassenheit entgegen." Einen Wahlkampf werde er nicht organisieren.

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Scharfe Unions-Kritik an Planspielen der SPD
Ursprünglich war die Erklärung Köhlers für Freitag erwartet worden. An diesem Tag jährt sich die Verkündung des Grundgesetzes zum 59. Mal. Köhler habe mit der vorzeitigen Bekanntgabe auf die immer heftigere Kandidatendebatte reagiert, hieß es in Unionskreisen. In den letzten Tagen hatten immer mehr Sozialdemokraten dafür plädiert, Schwan als eigene Kandidatin ins Rennen zu schicken, auch wenn diese nur mit Stimmen der Linkspartei durchsetzbar sei. Führende Sozialdemokraten hatten einen solchen Schritt lange Zeit skeptisch beurteilt. So kurz vor der Bundestagswahl könnte eine Zusammenarbeit mit der Linken falsch verstanden werden, hieß es.
Auch Beck hatte entsprechende Bedenken erkennen lassen. Zuletzt mehrten sich jedoch die Anzeichen für einen Stimmungsumschwung. Führende Unionspolitiker übten scharfe Kritik an diesen Planspielen und warnten vor einer Belastung der Großen Koalition. Linke und Grüne wollen das Ergebnis der Landtagswahl in Bayern am 28. September abwarten, bevor sie sich positionieren. Erst dann entscheidet sich, ob Union und FDP ihre knappe absolute Mehrheit in der Bundesversammlung behaupten können.