Ex-CSU-Minister Spranger "Stoiber flüchtet aus der Verantwortung"

Die Kritik an Edmund Stoiber reißt nicht ab: Im stern geht der ehemalige CSU-Minister Carl-Dieter Spranger den Ministerpräsidenten scharf an. Und auch in der Wählergunst verliert Stoiber deutlich an Zustimmung.

Edmund Stoiber muss sich auf einiges gefasst machen. Gut eine Woche nach seinem Verzicht auf ein Ministeramt in Berlin muss der bayerische Regierungschef an diesem Mittwoch der aufgebrachten Landtags-CSU Rede und Antwort stehen. Wie tags zuvor in der Berliner Landesgruppe will der Parteichef erläutern, warum er überraschend doch auf den Posten des Wirtschaftsministers verzichtet hat und in Bayern bleiben will.

Die Landtagsabgeordneten könnten - unbeschwert von Koalitionsverhandlungen - die Chance nutzen, Stoiber deutlich ins Gewissen zu reden. In den vergangenen Tagen hatten sie seinen Zick-Zack-Kurs kritisiert und über Wut und Ärger bei der Basis geklagt. Der eher zurückhaltende Fraktionschef Joachim Herrmann etwa schlug ungewohnt harsche Töne an. Er forderte von Stoiber mehr Teamgeist und warf ihm "mehr oder minder einsame Entscheidungen" vor.

Die bislang schärfste Kritik am Rückzug Stoibers hat jetzt der CSU-Politiker Carl-Dieter Spranger im stern geübt. Der langjährige CSU-Bundesminister sagte: "Er hat sich freiwillig aus Berlin abgemeldet und damit seine Autorität als CSU-Chef und damit die CSU beschädigt." Zudem nannte er den Verzicht auf das Amt des Bundeswirtschaftsministers "eine Flucht aus der Verantwortung für Deutschland in einer schwierigen Zeit".

Stoiber habe offenbar eingesehen, dass der Job des bayerischen Ministerpräsidenten angenehmer ist als "die ungeheuer schwierige und risikoreiche Aufgabe in Berlin unter einer Kanzlerin Merkel einer von 15 Ministern zu sein". Stoibers Entscheidung sei "mit den Pflichten und der Verantwortung eines CSU-Vorsitzenden nicht vereinbar".

Auch die Bevölkerung ist derzeit nicht gut auf den bayerischen Ministerpräsidenten zu sprechen: Laut einer Umfrage der "Abendzeitung" lehnen 77 Prozent der Befragten eine erneute Spitzenkandidatur Stoibers bei der bayerischen Landtagswahl 2008 ab. Als Nachfolger sähe die Mehrheit der Bayern am liebsten den bisherigen Innenminister Günther Beckstein. In einer Umfrage des stern sprachen sich 60 Prozent der Befragten für Beckstein aus. Nur 16 Prozent der Bayern plädieren für Erwin Huber, den Chef der bayerischen Staatskanzlei. 24 Prozent sind der Ansicht, keiner von beiden solle im Fall eines Amtsverzichts von Stoiber neuer Ministerpräsident werden.

AP
Mit Material von DPA/AP