Der frühere Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) spricht sich für ein neues NPD-Verbotsverfahren in Karlsruhe aus und wäre nicht abgeneigt, sogar persönlich noch einmal vor das Bundesverfassungsgericht zu ziehen. In einem Interview mit dem stern sagte Schily: "Eine Demokratie muss sich zur Wehr setzen können gegen eine eindeutig verfassungsfeindliche Partei, die die Nähe zur NSDAP sucht, die Fremdenfeindlichkeit und Rassismus fördert". Die NPD biete "diesen geistigen Humus, aus dem sich am Ende auch gefährliche Extremisten herausbilden können wie die Zwickauer Zelle". Schily erwartet, dass die Gefährlichkeit der NPD in den nächsten Jahren noch zunehmen werde. "Angst vor der Schuldenkrise, vor sozialem Abstieg – das sind ideale Ansatzpunkte für rassistische Rattenfänger". Aus einer Kleinpartei wie der NPD könne da "durchaus ein Gefahrenherd werden".
Schily ließ im Gespräch mit dem stern erkennen, wie wichtig ihm ein neuerlicher Verbotsantrag in Karlsruhe gegen die rechtsextremistische Partei ist. "Wenn mir die Bundesregierung das Mandat antragen würde, könnte mich das schon reizen. Aber angesichts meines fortgeschrittenen Alters wird man mich sicherlich davon verschonen", sagte der 79jährige.
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Reorganisation des Verfassungsschutzes
Als Konsequenz aus der jahrelang unentdeckt gebliebenen rechtsextremistischen Mordserie forderte Schily den Einsatz der so genannten V-Leute des Verfassungsschutzes auf den Prüfstand zu stellen. "Wir sollten grundsätzlich mehr auf die Qualität achten statt auf die Quantität. Unter den Behörden gibt es allem Anschein nach so eine Art unguten Wettbewerb: Wer hat die meisten Informanten?" Schily plädierte dafür, den Verfassungsschutz künftig bundesweit zu organisieren: "Die einzelnen Landesämter werden dann Unterabteilungen des Bundesamtes." Ein Bundesamt für Verfassungsschutz und daneben 16 Landesämter - das führe nur zu Abschottungen und Kommunikationsproblemen, so Schily.