Hamburg - Bundesaußenminister Joschka Fischer hat in der Auseinandersetzung über das iranische Atom-Programm einen Krieg gegen das Teheraner Mullah-Regime ausgeschlossen. "Ich sehe nicht, dass wir hier unmittelbar in eine Irak-ähnliche Konfrontation geraten. Ich glaube, allen Beteiligten ist klar, dass Krieg keine Option ist", sagte er in einem Interview mit dem stern. Das gelte auch für die USA und Israel. Fischer wandte sich zugleich gegen amerikanische Überlegungen, das iranische Regime durch eine Revolution von innen stürzen zu wollen. "Wir setzen auf den politischen Prozess."
Der Minister äußerte jedoch "große Sorge" über das iranische Atom- und Raketenprogramm. "Eine militärische Nuklearisierung des Iran würde in einer der gefährlichsten Regionen der Welt unabsehbare Konsequenzen haben. Das würde nicht nur Israel, sondern auch Europa bedrohen." Er setze jedoch auf die laufenden Verhandlungen Deutschlands, Frankreichs und Großbritanniens mit der iranischen Regierung. "Die Gespräche sind schwierig. Das Misstrauen gegenüber dem Iran ist zu Recht groß, dennoch ist ein positives Ergebnis möglich", sagte er. Für eine Entscheidung über wirtschaftliche Sanktionen sei es noch zu früh.
Fischer kündigte in dem stern-Interview zugleich "intensive Gespräche" mit den USA an, sobald die neue Regierung von Präsident George W. Bush im Januar vereidigt ist. "Ich gehe davon aus, dass das auf höchster Ebene in Washington geschehen wird", sagte er. Ob durch den Nahost-Konflikt und die Iran-Krise die Chancen oder die Risiken in der Weltpolitik wüchsen, hänge "entscheidend davon ab, ob es in den kommenden Monaten gelingt, zwischen Europa und den USA einen strategischen Konsens zu erreichen". Fischer fügte hinzu: "Wir werden vielleicht nicht von vornherein derselben Meinung sein. Aber wir können und werden uns annähern und mögliche Differenzen überbrücken."
Deutsche Truppen für den Irak schloss Fischer indes auch für die Zukunft aus: "Die Haltung der Bundesregierung ist und bleibt klar: Wir werden keine Soldaten in den Irak schicken." Dies gelte selbst für den Fall, dass eine neu gewählte irakische Regierung nach deutscher Hilfe rufe. "Deutsche Soldaten hätten keinen positiven Effekt" für die Sicherheit des Irak. "Westliche Truppen werden als Besatzer gesehen. Besatzung löst die Probleme nicht."