Geldnot Verkommt die Bundeswehr zur Bettelarmee?

Kärgliche Kasernen, unterbezahlte Soldaten: Es ist ein ärmliches Bild, das die Fürsprecher der Soldaten vom gegenwärtigen Zustand der Bundeswehr zeichnen. Der Wehrbeauftragte Robbe, aber auch Verteidigungsminister Jung fordern vor allem eines: Mehr Geld.

Der Wehrbeauftragte der Bundesregierung, Reinhold Robbe (SPD), hat eine schlechte finanzielle Ausstattung der Bundeswehr kritisiert. "Das Hauptproblem, wenn man es auf einen Nenner bringt, ist im Grunde die Unterfinanzierung", sagte Robbe am Dienstag im ARD-"Morgenmagazin". Das werde an vielen Stellen deutlich, zum Beispiel am Zustand der Kasernen. Außerdem würden zwei Drittel der Soldaten zu den unteren Einkommensgruppen zählen. Viele Soldaten hätten den Eindruck, sie müssten für immer weniger Geld immer mehr leisten. Robbe stellt am Dienstag in Berlin seinen neuen Jahresbericht vor.

Verteidigungsminister will Wehrdienst-Sold erhöhen

Auch Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) dringt darauf, den Sold für Wehr- und Zivildienstleistende im kommenden Jahr zu erhöhen. Außerdem werde der Minister die Aufstockung seines eigenen Etats verlangen, berichtete die Hannoversche "Neue Presse". Die Zeitung zitierte einen Ministeriumssprecher mit den Worten, man wolle die Erhöhung des Solds bei den Haushaltsberatungen im Herbst als Argument für eine Aufstockung des Etats einbringen. Wie hoch die Sold-Erhöhung ausfallen solle, sagte der Sprecher nicht.

Von 7,20 Euro auf 9,20 Euro

Der verteidigungspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Rainer Arnold, forderte, der Wehrsold solle ab 2009 automatisch im gleichen Maße erhöht werden wie die Löhne und Gehälter im öffentlichen Dienst. Der Bundeswehrverband plädiert für eine Aufstockung von derzeit durchschnittlich 7,20 Euro auf 9,20 Euro am Tag. Zuletzt war der Wehrsold 1999 erhöht worden. "Hätten unsere Jungs das Streikrecht, hätten sie nicht schon acht Jahre lang warten müssen", sagte der Vorsitzende des Bundeswehrverbands, Bernhard Gertz, der "Neuen Presse". Soldaten seien keine Billigarbeitskräfte. Die CDU-Bundestagsabgeordnete Monika Brüning bezweifelte, dass sich eine Erhöhung um zwei Euro pro Tag finanzieren lässt. Eine solche Erhöhung brächte jährliche Mehrausgaben von 46 Millionen Euro.

Vorgänge in Coesfelder Kaserne für Robbe Einzelfall

Robbe bezeichnete indes die Vorgänge in der Coesfelder Freiherr-vom-Stein-Kaserne als Einzelfall. Auch im neuen Bundeswehr-Jahresbericht für 2006 gebe es nicht einen annähernd vergleichbaren Vorfall, sagte der SPD-Politiker der Chemnitzer "Freien Presse". Allerdings seien auch im vergangenen Jahr Beschwerden über entwürdigende Behandlungen von Rekruten eingegangen.

Robbe rügt Unvermögen der Ausbilder

In einem der größten Strafprozesse in der Geschichte der Bundeswehr müssen sich seit gestern der Kompaniechef und 17 Ausbilder eines Coesfelder Instandsetzungsbataillons wegen der Misshandlung von Rekruten vor dem Landgericht Münster verantworten. Das Geschehen sei auch deshalb so erschreckend, weil sich die misshandelten Soldaten nicht an den Wehrbeauftragten gewandt hätten, sagte Robbe. Die Rekruten hätten offenbar geglaubt, dass die klaren Gesetzesverstöße rechtens seien. Als Ursachen für den Bundeswehr-Skandal nannte Robbe offensichtliches Unvermögen der Ausbilder sowie eine mangelhafte Kontrolle durch die Vorgesetzten. Er forderte einen deutlichen Abbau von Bürokratie, damit mehr Zeit für die Dienstaufsicht der Unterstellten bleibe.

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