Gesundheisreform Auf dem Weg durch die Instanzen

Mit ersten Beratungen in den Koalitionsfraktionen von CDU/CSU und SPD hat das Gesetzgebungsverfahren für die Gesundheitsreform im Bundestag begonnen. - Am Widerstand der Abweichler ändert das nichts.

Die Gesundheitsreform hat den Bundestag erreicht: In der Unionsfraktion warb Bundeskanzlerin Angela Merkel um Zustimmung, bei den Sozialdemokraten stellte Gesundheitsministerin Ulla Schmidt den über 500 Seiten starken Referentenentwurf vor. Doch die Beratungen wurden auch von der anhaltend massiven Kritik der Verbände begleitet.

Parlament und Bundesrat beraten parallel

Am nächsten Dienstag wollen die Fraktionen erneut über das Thema beraten, den Text dann beschließen und ihn als Gesetzentwurf förmlich in den Bundestag einbringen. Parallel dazu wird das Bundeskabinett einen Tag später, am 25. Oktober, einen textgleichen Entwurf beschließen und dem Bundesrat zur Stellungnahme zuleiten. Erreicht werden soll mit diesem Verfahren eine möglichst frühzeitige und ausführliche Beratung in Bundestag und Bundesrat. Beendet wird das Gesetzgebungsverfahren nach Angaben von CDU/CSU-Fraktionsgeschäftsführer Norbert Röttgen am 16. Februar nächsten Jahres mit der abschließenden Entscheidung des Bundesrates. Die Reform soll dann am 1. April in Kraft treten.

In der SPD-Fraktion wollen nach Angaben des Gesundheitsexperten Wolfgang Wodarg "mehr als 35" Abgeordnete die Reform ablehnen. Fraktionschef Peter Struck wies solche Spekulationen scharf zurück: "Irgendwelche Zahlen über Abweichler in der SPD-Fraktion zu nennen, ist absoluter Unsinn", sagte er. Jeder Einzelne müsse sich den Gesetzentwurf jetzt erst einmal ansehen. Erst danach könne man ausführlich diskutieren. Informationen über mögliche Abweichler in der Unionsfraktion gab es zunächst nicht.

Massive Kritik hält an

Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach plädierte in der "Financial Times Deutschland" dafür, den Gesundheitsfonds nur dann einzuführen, wenn die privaten Krankenversicherungen einbezogen werden. Da das aber mit der Union nicht machbar sei, "sollte der Fonds frühestens nach der nächsten Bundestagswahl 2009 eingeführt werden". Der Sozialverband Deutschland (SoVD) und die Volkssolidarität forderten die Koalition zu einem Neuanfang bei der Reform auf. SoVD-Präsident Adolf Bauer und der Präsident der Volkssolidarität, Gunnar Winkler, kritisierten vor allem eine "gravierende soziale Schieflage" der Reform: Belastet würden erneut einseitig die Versicherten und Patienten der gesetzlichen Krankenversicherung.

Die Patientenbeauftragte der Bundesregierung, Helga Kühn-Mengel (SPD), forderte im Berliner "Tagesspiegel" (Mittwochausgabe) den Verzicht auf die vorgesehene Zusatzbelastung für Patienten, die sich vor ihrer Erkrankung nicht an Vorsorgeuntersuchungen beteiligt haben. "Wir wenden uns damit ab von unseren eigenen Prinzipien. Wir haben immer gesagt: Belohnen statt strafen", erklärte sie. Zwtl: "Weder christlich noch sozial" Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) sagte als Folge der Reform einen erzwungenen Preisverfall für ärztliche Leistungen ab 2009 voraus.

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

Das Wichtigste aus der Bundespolitik auf einen Blick

Abonnieren Sie unseren kostenlosen Hauptstadt-Newsletter – und lesen Sie die wichtigsten Infos der Woche, von unseren Berliner Politik-Expertinnen und -Experten für Sie ausgewählt!

Hausärzte protestierten

In Nürnberg protestierten am Dienstag mehrere tausend Hausärzte aus ganz Deutschland für bessere Arbeitsbedingungen, bessere Bezahlung und weniger Bürokratie. Andernfalls sei in den kommenden Jahren ein erheblicher Mangel an Hausärzten zu erwarten. FDP-Generalsekretär Dirk Niebel kritisierte bei n-tv das vorgesehene Bonussystem für Prävention: "Wenn ein Krebspatient, der um sein Leben fürchten muss, faktisch gleichgesetzt wird mit einem Kariespatienten, der nicht die Zähne geputzt hat, dann ist das weder christlich noch sozial, sondern im besten Fall zynisch und menschenverachtend."

AP
Detlef Rudel/AP