Gesundheitsreform Merkel schwört aufs Fondmodell

Noch vor der Sommerpause will die große Koalition die Eckpunkte ihrer Gesundheitsreform festgelegt haben. Über das neue Finanzierungsmodell scheint schon beschlossene Sache zu sein.

Die Verhandlungen von Union und SPD über die geplante Gesundheitsreform sind in eine entscheidende Phase getreten. Vor dem Spitzentreffen der Koalition am Donnerstagabend hat die zuständige Verhandlungsgruppe ihre Beratungen über die künftigen Finanzgrundlagen der gesetzlichen Kassen begonnen. Seit Anfang Mai behandelten die 16 Experten offiziell ausschließlich Strukturen und Einsparmöglichkeiten im Gesundheitswesen.

Am Abend wollen die Leiter der Verhandlungsgruppe, Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) und CSU- Gesundheitsexperte Wolfgang Zöller, den Fraktions- und Parteispitzen im Kanzleramt eine Zwischenbilanz vorlegen. Zunächst werde Schmidt über die Ausgabenseite berichten, sagte SPD-Fraktionschef Peter Struck vor einer Fraktionssitzung. Danach sollen die Einsparpotenziale behandelt werden. Ergebnisse würden nicht erwartet. Union und SPD seien sich aber über die Notwendigkeit einig, vor der Sommerpause wie geplant Eckpunkte vorzulegen. Struck wertete dies als "sehr realistisch". Ein Verschieben werde keine besseren Ergebnisse ermöglichen.

Merkel schwört ihre Leute auf das Fondmodell ein

Vor dem Start der Verhandlungen über die Finanzseite besprach Kanzlerin Angela Merkel (CDU) nach Informationen aus Koalitionskreisen das strittige Thema Finanzen bereits mit den Unions-Vertretern der Arbeitsgruppe. Nach einem Bericht des "Handelsblatts" schwor die Kanzlerin die Unions-Experten dabei auf das Fondsmodell ein, das Fraktionschef Volker Kauder (CDU) bereits im April öffentlich favorisiert hatte.

Die gesetzlichen Krankenkassen sollen dabei in Zukunft statt über prozentuale Beiträge der Versicherten über einen aus Beitrags- und Steuergeldern gespeisten Finanzpool finanziert werden. Die Kassen würden einen einheitlichen Beitrag pro Versichertem erhalten. Als Einzige habe die bayerische Gesundheitsministerin Christa Stewens (CSU) Kritik am Fondskonzept geübt, berichtet das "Handelsblatt" weiter. Auch Schmidt hatte das Konzept unterstützt. Damit wären SPD und Union nach Darstellung aus dem Schmidt-Ministerium in einem späteren Schritt offen, ihre Ursprungspläne einer Bürgerversicherung beziehungsweise einer Einheitspauschale doch noch zu realisieren.

Neben den Kassen und weiteren Experten sind auch viele SPD-Linke gegen einen Gesundheitsfonds, da den Versicherten eine Zusatzprämie abverlangt werden dürfte, wenn der Einheitsbetrag für die Kasse nicht reicht. FDP-Gesundheitsexperte Daniel Bahr warnte vor steigenden Verwaltungskosten und weniger Wettbewerb durch "eine gigantische Geldsammelstelle".

Das Defizit der gesetzlichen Kassen wird 2007 nach Experten- Schätzung zwischen sechs und acht Milliarden Euro liegen. Nach Angaben des Professors für Gesundheitsmanagement an der Universität Duisburg/Essen, Jürgen Wasem, in den "Ruhr Nachrichten" ergibt sich das Milliardenloch aus der Kürzung des Bundeszuschusses aus der Tabaksteuer um 2,5 Milliarden Euro, den Mehrkosten durch die Mehrwertsteuererhöhung in Höhe von einer Milliarde Euro und steigenden Kosten bei Medikamenten und Krankenhausbehandlung, die mit drei bis vier Milliarden Euro zu Buche schlagen.

DPA
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