In der Union wird wegen des Streits über den Kurs in der Gesundheitspolitik über die Zukunft des stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden Horst Seehofer (CSU) diskutiert.
Seehofer, der in der Fraktionsführung für das Thema Gesundheit zuständig ist, erschien nicht zur Beratung der Fraktion über das Unions-Konzept zur Gesundheitsreform, nachdem er schon am Vortag der Sitzung des Fraktionsvorstandes fern geblieben war. Seehofer lehnt die Pläne ab, den Zahnersatz künftig privat absichern zu lassen, ist mit dieser Position aber in der Union weit gehend isoliert. Die Fraktion billigte das Gesundheitskonzept mit zwei Gegenstimmen. In der Union wurde die Frage gestellt, ob Seehofer sein Amt als stellvertretender Fraktionsvorsitzender noch ausüben könne, wenn er bei seinem klaren Nein bleibe.
Union will Seehofer zum Einlenken bewegen
"Wenn er damit nicht leben kann, dann ist es für ihn als stellvertretender Fraktionsvorsitzender ein Problem", sagte ein Abgeordneter. Der stellvertretende Unions-Fraktionsvorsitzende Friedrich Merz sagte im Deutschlandfunk, die Union müsse eine Entscheidung zur Gesundheitsreform fällen, "und wir müssen sie notfalls auch ohne Horst Seehofer treffen". In der Union hieß es, die Parteiführung wolle sich darum bemühen, Seehofer noch zum Einlenken zu bewegen. In der Fraktionssitzung würdigte Merkel nach Angaben von Teilnehmern die Verdienste Seehofers und bedauerte, dass ihr Stellvertreter nicht erschienen war.
Ein Rückzug Seehofers, der auch stellvertretender CSU-Vorsitzender ist, wäre für die Union ein Verlust, weil er als ehemaliger Gesundheitsminister einer der anerkanntesten Gesundheitsexperten von CDU/CSU ist. Er könnte auch die anstehenden Verhandlungen mit Regierung über die Gesundheitsreform erschweren, weil die CDU-Gesundheitsexperten wesentlich liberalere Positionen vertreten als Seehofer, der dem Arbeitnehmerflügel der Union angehört. In der Union gibt es allerdings Unverständnis, dass Seehofer in den vergangenen Tagen mehrfach mit unabgestimmten Positionen zu Gesundheit und Rente an die Öffentlichkeit getreten ist.
Die CDU-Vorsitzende Angela Merkel und ihr CSU-Kollege Edmund Stoiber hatten am Montag nach wochenlangem Streit einen Konsens in der Gesundheitspolitik vereinbart. Die Unions-Fraktion billigte das Konzept am Dienstag mit großer Mehrheit. Es sieht neben der Privatsicherung des Zahnersatzes und einer zehnprozentigen Eigenbeteiligung bei medizinischen Leistungen auch vor, den Arbeitgeberanteil bei den Beiträgen zur gesetzlichen Krankenversicherung fest zu schreiben. Dies würde bedeuten, dass Beitragsanhebungen künftig allein von den Versicherten getragen werden müssten. Die von der Regierung geplanten Strukturreformen - etwa die geplante Aufhebung des Verbots, mehrere Apotheken zu besitzen oder die Einrichtung eines Zentrums für Qualität in der Medizin - lehnt die Union im wesentlichen ab.
Zahnärzte begrüßen Pläne der Union
Der Verband der Ersatz-Krankenkassen lehnte die von der Union geplante obligatorische private Zusatzversicherung für Zahnersatz ab. „Hier wird reine Klientelpolitik zu Gunsten der privaten Krankenversicherungen betrieben„, erklärte Verbandspräsident Herbert Rebscher. Dagegen begrüßten die Zahnärzte in Deutschland die Pläne der Union. Der Ansatz sei eine echte Modernisierung und keine fantasielose Budgetierungspolitik, wie sie die rot-grüne Bundesregierung betreibe, erklärte der Vorsitzende der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung, Jürgen Fedderwitz.

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Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) wies die Pläne der Union als unsozial zurück. Die Union belaste mit ihrer Reform die Patienten, ohne etwas für die Qualitätsverbesserung zu tun. "Das reicht nicht aus, um eine Gesundheitsreform zu machen", sagte Schmidt in der ARD. Das Sozialministerium erklärte unterdessen, dass durch die geplante Privatsicherung des Krankengeldes auf die Versicherten im Schnitt Kosten von 7,50 pro Monat zukommen. Es widersprach aber der Darstellung der "Bild"-Zeitung, wonach Schmidt einen Einheitsbetrag für alle Versicherten plane. Es bleibe dabei, dass zur Finanzierung des Krankengeldes die hälftige Finanzierung der Kassenbeitrage zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern aufgehoben werde. So werde am dem Prinzip festgehalten, dass sich die Beiträge nach dem Einkommen der Versicherten richten.