Der Ton im unionsinternen Streit über die Zukunft des Gesundheitswesens wird rauer. Nachdem der CSU-Gesundheitsexperte Horst Seehofer weiter das Prämienmodell der CDU ablehnt und auch nicht mit einer schnellen Einigung rechnet, soll ihn die CDU-Abgeordnete Vera Lengsfeld indirekt zum Rücktritt aufgefordert haben. Niedersachsens Sozialministerin Ursula von der Leyen (CDU) verteidigte unterdessen das CDU-Modell, ihr Ministerpräsident Christian Wulff forderte die Union zur Geschlossenheit auf.
Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) verlangte ein Ende der Debatte und bekräftigte zugleich, dass die CDU ihr geplantes Modell einer Kopfpauschale ändern müsse. Stoiber sagte in der heutigen Ausgabe der "Bild"-Zeitung: "Es ist doch klar, dass es Änderungen geben muss. Schließlich unterstützt nur jeder fünfte Unions-Wähler die Prämie in ihrer bisherigen Form." Der CSU-Chef erwartet, dass sich die Union über den Grundsatz verständigt: "Niedrigere Einkommen, niedrigerer Beitrag und höheres Einkommen, höherer Beitrag."
Seehofer reagiert nicht auf Vorwürfe
Lengsfeld sagte laut einem Bericht der "Passauer Neuen Presse" in der Fraktionssitzung am Dienstag in Richtung Seehofer, wenn der stellvertretende Fraktionsvorsitzende beim Thema Gesundheit inhaltlich so weit weg sei von der CDU und der Mehrheitsmeinung in der Fraktion, "dann weiß ich nicht, was Sie auf ihrem Platz hält". Wenn der CSU-Mann öffentlich Teamgeist in der Union fordere, solle er sich dies als großes Banner übers Bett hängen und auch selbst praktizieren.
Seehofer selbst habe nicht auf die Vorwürfe in der Sitzung reagiert. Nach der Fraktionssitzung sagte der CSU-Gesundheitsexperte jedoch: "Ich glaube nicht, dass am Freitag eine Entscheidung fällt." An diesem Tag wollen sich die Gesundheitsexperten erstmals treffen.
Mit der Gesundheitsprämie das Gesundheitswesen kurieren
Niedersachsens Sozialministerin von der Leyen warnte die CDU davor, aus Rücksicht auf die CSU das Modell der Gesundheitsprämie zu verwässern. "Wir müssen die Gesundheitskosten von den Lohnkosten abkoppeln, sonst geht noch mehr Beschäftigung verloren und die Sozialabgaben steigen immer weiter", sagte sie der Zeitung "Die Welt". "Die Gesundheitsprämie ist das einzige Modell, mit dem diese Hauptkrankheit unseres Gesundheitswesens kuriert wird."
CDU-Bundesvize Wulff forderte die Union zur Geschlossenheit auf. "Wir beschäftigen uns derzeit zu sehr mit uns selbst", sagte der niedersächsische Ministerpräsident der Oldenburger "Nordwest-Zeitung". Er sprach sich dagegen aus, Parteichefin Angela Merkel bereits beim Bundesparteitag im Dezember als Kanzlerkandidatin zu nominieren.
Wulff sagte dem Blatt: "Es gibt keinen Anlass, den Zeitplan zu ändern. Wir sollten 2005/2006 die Entscheidung genauso geschlossen treffen wie 2002." Damals war Stoiber nominiert worden.