Gruft-Affäre "Grabroiber" in Bayern

Kaum etwas anderes hat die Bayern so bewegt wie die Pfändung der Gruft von Franz Josef Strauß. Da nützte es CSU-Chef Edmund Stoiber auch nichts, dass er sich umgehend öffentlich empörte. Schnell wurde offenbar, dass er von Anfang an eingeweiht war.

Es war schon mal schöner, in Bayern vom Stamme Strauß zu sein. Max Josef, der älteste Sohn des Überbayern Franz Josef selig, sitzt in Augsburg wegen Steuerhinterziehung in Millionenhöhe auf der Anklagebank, obwohl ihm Ärzte sowohl Logorrhö (zwanghafter Redefluss) als auch hartnäckige Störungen der Psyche bescheinigt haben. Schwester Monika, Staatsministerin für Unterricht und Kultus, ist offiziell von Schweinshaxn und Co. zu den Vegetariern konvertiert, möglicherweise aber auch magersüchtig. Bei der CSU verramschen sie den Kopf des Patriarchen ("hochwertiges Biskuit Porzellan auf Holzsockel") für 43 Euro - solange der Vorrat reicht. Ein privater TV-Sender lässt in einer fiktiven, noch dazu falsch geschriebenen "Franz Josef Strauss" Schule ein paar Teenies Sex auf dem Pausenhof darstellen. Aber nichts davon hat das Volk der Bayern so bewegt wie die Pfändung eines 4000 Quadratmeter großen Grundstücks mit "Bebauung" in Rott am Inn. Denn die Bebauung, so ergab sich, ist die Gruft, in der Franz Josef Strauß aufs jüngste Gericht wartet.

Von Amts wegen war alles in bester Ordnung. Um sich einen Zugriff auf die noch strittigen 1,3 Millionen Euro, die Max Josef Strauß angeblich hinterzogen hat, zu sichern, hatten die Finanzbehörden am 20. November 2003 seine Immobilien pfänden lassen, darunter auch die Flurnummer 76 in Rott am Inn. Dieses Grundstück am Rande des Gemeindefriedhofs gehört dem ältesten Sohn des ehemaligen Ministerpräsidenten gemeinsam mit Renate Albrecht, einer Schwester der 1984 tödlich verunglückten "First Lady Bayerns" Marianne Strauß.

Klage über den kleinen Dienstweg

Ob die Finanzbehörde von Anfang an wusste, dass sie sich mit ihrem Kuckuck sozusagen am Heiligen Grab Bayerns versündigte, ist ungewiss. Monika Hohlmeier, geb. Strauß, wusste es, wählte den kleinen Dienstweg und beklagte sich umgehend beim Landesvater Stoiber. Beim Finanzminister, dem Kollegen Kurt Falthauser, wurde sie auch vorstellig, woraufhin der angeblich versprach, das Problem zu lösen.

Irgendwie ist ihm das nicht gelungen, woraufhin acht Wochen danach "just in time" am ersten Prozesstag gegen Max Josef Strauß die "Gruft-Affäre" öffentlich wurde. Es nützte Edmund Stoiber nichts, dass er sich umgehend als Speerspitze der öffentlichen Entrüstung preisen ließ ("Stoiber tobt"). Zu schnell wurde offenbar, dass er von Anfang an eingeweiht war, eine "unglaubliche politische Dummheit", wie die SZ bilanzierte.

Schlimmer noch. Auch in der eigenen Fraktion wurde das Krisenmanagement des Kanzlerkandidaten nach Art des Königlichen Bayerischen Amtsgerichts offen kritisiert. Der CSU Bundestagsabgeordnete und - unter Stoiber - ehemalige Umweltminister Bayerns, Peter Gauweiler, verglich es "mit der regierungsamtlichen Niedertracht beim Untergang von Ludwig II" und warf seinem Parteivorsitzenden vor, es mache ihn "fassungslos, dass Politiker - allen voran Edmund Stoiber -, die ihre politische Existenz Franz Josef Strauß verdanken und die seine Ausführungen früher vorzugsweise knieend angehört haben, sich so verhalten haben."

Zeit für den Minister Kurt Faltlhauser, seinen bedrängten Chef zu entlasten. Faltlhauser räumte ein, sich zu sehr darauf verlassen zu haben, dass seine Ministerialbeamten "meine Weisung" prompt befolgten und entschuldigte sich nun dafür, dass dies nicht der Fall gewesen sei. Gleichzeitig aber beharrte er darauf, es sei nie auch nur daran gedacht worden, aus der Gruft Geld zu machen. Dumm nur, dass prompt ein Schreiben des Zentralfinanzamts München vom 5. Januar 2004 auftauchte, in dem es wörtlich heißt, das Pfandrecht an dem gepfändeten Grundstück könnte nur "durch Zahlung des marktgerechten Wertes aufgehoben werden". Damit stand der Minister Faltlhauser als Lügner da.

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

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"Hat der Finanzminister gelogen?"

Es kam, wie es kommen musste. Nämlich zu einer aktuellen Stunde im Bayerischen Landtag unter dem Titel "Die Gruft-Affäre: Hat der Finanzminister gelogen?". Stoiber, bleich wie an seinen schlechtesten Tagen, sagte kein einziges Wort. Falthauser präsentierte einen nachrangigen Beamten, der sich schlecht ausgedrückt hätte und offenbarte, weil ein Grab keinen Marktwert hätte, könnte man dafür auch nichts verlangen, womit bewiesen sei, dass er kein Lügner ist. Und Monika Hohlmeier bat mit umflorter Stimme darum, auf dem Elterngrab kein politisches Süppchen zu kochen und Vater und Mutter in Frieden ruhen zu lassen.

Das wird nicht leicht. Bayerns Kabarettisten haben jetzt viel zu tun. Von der "Biermösel-Blosn" gibt es schon das Lied zur Gruft: "So wollen wir nun beten ein frommes Gebet/ Dass versteigert werden dem Franz Josef seine Knochen net/... von seinem Ziehsohn Stoiber, dem Grabroiber".

Rupp Doinet

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