Haushaltsloch Erhöhung der Mehrwertsteuer nicht mehr ausgeschlossen

Vor wenigen Monaten hatte Hans Eichel noch versprochen, dass es bis einschließlich 2006 keine Anhebung der Mehrwertsteuer geben werde. Angesichts riesiger Haushaltslöcher rudert der Finanzminister nun zurück.

Bundesfinanzminister Hans Eichel hat angesichts der erwarteten Steuerausfälle bei Bund, Ländern und Gemeinden ein Erhöhung der Mehrwertsteuer nicht mehr kategorisch ausgeschlossen. Auf die Frage, ob er versprechen könne, dass es keine Erhöhung der Mehrwertsteuer nach der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen Ende Mai geben werde, sagte der Minister der "Bild am Sonntag": "Wenn ich es alleine in der Hand hätte, würde ich es versprechen. Ich will und wollte nie eine Erhöhung der Mehrwertsteuer. Aber fragen Sie doch mal die CDU-Ministerpräsidenten."

Erhöhung um einen Prozentpunkt

Er plädiere weiter für Subventionsabbau, betonte Eichel laut Vorabbericht vom Samstag, sagte aber auch: "Klar ist: Wir können weder ständig neue Schulden machen noch unbegrenzt Staatseigentum versilbern." Eichels Sprecher Stefan Giffeler sagte: "Das ist eine verkürzte Wiedergabe der Äußerungen des Ministers. Unsere Politik ist Steuersenkungs- nicht Steuererhöhungspolitik. Das galt und gilt auch für die Mehrwertsteuer und gilt auch für die Zukunft."

Nach einem Bericht des "Spiegel" ist in Eichels Ressort von einer Erhöhung der Steuer auf 17 von derzeit 16 Prozent die Rede. Das Bundeskanzleramt habe eine Diskussion darüber bis zur Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen am 22. Mai untersagt.

"Es wird auch 2006 keine Erhöhung geben"

Ende 2004 hatte Eichel eine Mehrwertsteuererhöhung selbst für das Jahr 2006 noch kategorisch ausgeschlossen: "Es wird auch 2006 keine Erhöhung geben", hatte er bei der Vorstellung seines damaligen Sparpakets gesagt. Dies könne er jetzt schon verbindlich sagen.

Die Mehrwertsteuer ist eine Gemeinschaftssteuer von Bund, Ländern und Gemeinden. Einer Änderung müssten die Länder im Bundesrat zustimmen. In verschiedenen unionsgeführten Ländern war Sympathie für eine Erhöhung der Steuer angedeutet worden, da diese in Deutschland im europäischen Vergleich relativ niedrig ist. Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) hat dies aber vehement abgelehnt, da sie zu höheren Preisen und damit einer Dämpfung der ohnehin schwachen Konsumneigung der Deutschen führen könne.

Schwaches Wachstum setzt Haushalte unter Druck

Die Haushalte von Bund, Ländern und Gemeinden kommen auf Grund des niedriger als erwarteten Wirtschaftswachstums in diesem und im nächsten Jahr erneut unter Druck. Der kommende Woche tagende Steuerschätzerkreis wird voraussichtlich Abstriche in Milliardenhöhe gegenüber seiner letzten Prognose über die Einnahmen des Staates vornehmen. Nach einem Bericht der "Welt am Sonntag" werden allein dem Bundeshaushalt in diesem Jahr 3,2 Milliarden Euro und 2006 rund fünf Milliarden Euro fehlen, die bislang fest eingeplant waren. Mit diesen Berechnungen werde der Bund in die Sitzung des Schätzerkreises gehen, schreibt die Zeitung. Der Steuerexperte des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Dieter Vesper, hatte vor einem Monat im Gespräch mit Reuters von mindestens fünf Milliarden Euro in diesem Jahr für Bund, Länder und Gemeinden insgesamt gesprochen.

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

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"Ja, es gibt erhebliche Haushaltsrisiken", räumte auch Eichel unter Hinweis auf die Wachstumserwartungen in dem Interview ein. "Dazu kommt, dass wir wegen der hohen Arbeitslosigkeit, wegen Zusatzkosten beim Arbeitslosengeld II, und der schleppend anlaufenden Vermittlung von Arbeitslosen mehr Geld für den Arbeitsmarkt brauchen."

Nach einem Bericht des Nachrichtenmagazins "Der Spiegel" überprüft der Bundesrechnungshof die erheblichen Mehrkosten in Folge der Arbeitsmarktreformen Hartz IV. Nach einer Schätzung der Regierung lägen die Kosten 2005 und 2006 bis zu 20 Milliarden Euro über Plan.

Reuters
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