Eine vorgezogene Neuwahl des hessischen Landtags ist kaum noch aufzuhalten. CDU-Ministerpräsident Roland Koch rechnet nach eigenen Worten mit einem erneuten Urnengang. Auch die Bevölkerung wünsche dies, sagte der CDU-Politiker der Tageszeitung "Die Welt".
Die vier Abweichler in der hessischen SPD-Landtagsfraktion schlossen eine Unterstützung der amtierenden CDU-Regierung aus. "Wir haben unseren Wählern versprochen, Roland Koch und seine CDU-Regierung abzulösen", erklärten die SPD-Parlamentarier in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung". "Wir werden keinen von CDU und FDP gestützten Ministerpräsidenten wählen - wie auch immer er heißt." Damit sind Spekulationen beendet, die SPD-Abweichler könnten im Landtag Koch die Stimme geben und so ihre Mandate bis zum Ende der Legislaturperiode 2013 retten.
Nach FDP und Grünen sprach sich am Mittwoch auch die hessische Linkspartei für Neuwahlen aus. Durch den beispiellosen Schritt der vier SPD-Abweichler sei die Gestaltungsmehrheit links der CDU in Hessen zusammengebrochen, erklärte der Landesvorstand der Partei. Deshalb werde die Linke für die Selbstauflösung des Parlaments stimmen.
Scheer für Ypsilanti als SPD-Spitzenkandidatin
Nach Einschätzung des SPD-Bundestagsabgeordneten Hermann Scheer werden die hessischen Sozialdemokraten erneut unter der Führung von Andrea Ypsilanti in den Wahlkampf ziehen. Ypsilanti könne mehr denn je auf eine breite Unterstützung in ihrer Partei bauen, sagte Scheer im TV-Sender Phoenix. Ob sie nochmals kandidieren werde, sei aber ihre persönliche Entscheidung.
Der Sprecher der Parlamentarischen Linken in der SPD, Ernst-Dieter Rossmann, sprach sich gegen einen Parteiausschluss der vier Abweichler aus. Seine Partei solle "bei der Parteizugehörigkeit ein breites Spektrum und eine große Toleranz pflegen", sagte Rossmann der "Frankfurter Rundschau". Doch sollten die Parlamentarier ihr Mandat zurückgeben. Zuvor hatte ein SPD-Unterbezirk den Ausschluss der Abweichler beantragt.
Auch der Bremer Regierungschef Jens Böhrnsen (SPD) warnte seine hessischen Parteikollegen, sich mit öffentlichen Debatten um einen Parteiausschluss der Abweichler weiter zu schwächen. "Die SPD in Hessen muss jetzt schnell wieder Tritt fassen, denn ihre Inhalte sind nach wie vor richtig. Fruchtlose öffentliche Debatten um Parteiausschlüsse helfen dabei aber sicher nicht", sagte der Politiker.

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SPD hält an rot-roten Bündnissen in anderen Ländern fest
Trotz des fehlgeschlagenen Versuchs, in Hessen ein Linksbündnis zu etablieren, will die SPD in den Ländern an der Option einer rot-roten Zusammenarbeit festhalten. Auch der saarländische SPD-Chef Heiko Maas hält an der rot-roten Option fest. "Bei uns gibt es keine hessischen Verhältnisse, und es wird auch in Zukunft keine geben", sagte Maas der "Welt". Sein Landesverband werde vor der Wahl nichts ausschließen, um dann nach der Wahl das Gegenteil zu machen.
Auch der Ministerpräsident von Mecklenburg-Vorpommern, Erwin Sellering, warb für Bündnisse von SPD und Linkspartei. Wenn die Inhalte übereinstimmten und die handelnden Personen verlässlich seien, "kann man das auf Länderebene machen", sagte der SPD-Politiker. Thüringens SPD-Chef Christoph Matschie schloss eine rot-rote Zusammenarbeit für sein Land ebenfalls nicht aus.