Die Innenminister von Bund und Ländern wollen mit einer zentralen Informationsdatei über islamistische Extremisten die Bekämpfung des Terrorismus verbessern. Eine Zentralisierung von Sicherheitsaufgaben beim Bund, wie sie Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) gefordert hatte, wurde jedoch abgelehnt.
Die Innenministerkonferenz (IMK) beschloss zum Abschluss ihres zweitägigen Treffens am Donnerstag in Kiel, alle nationalen und internationalen Erkenntnisse über Islamisten zentral zu sammeln und auszuwerten. Schily kündigte zugleich an, ein gemeinsames Lage- und Analysezentrum von Bundeskriminalamt (BKA), Bundesverfassungsschutz und Bundesnachrichtendienst einzurichten. Offen ist noch, ob die Islamisten-Datei bei dem Lagezentrum oder einer der Bundesbehörden separat angesiedelt werden soll. Auch der Umfang der gespeicherten Informationen ist wegen datenschutzrechtlicher Bedenken noch unklar. Beschlossen wurde den Angaben zufolge aber, die Pflicht zum Informationsaustausch zwischen Landes- und Bundesverfassungschutz gesetzlich festzuschreiben.
Gegensätzliche Reaktionen
Während die Gewerkschaft der Polizei (GdP) von einem Schritt in die richtige Richtung sprach, verlangte der Zentralrat der Muslime zunächst eine genauere Definition des Begriffs "Islamist". Auch der Bundesbeauftragte für Datenschutz sprach von noch offenen Fragen.
"Die Bedrohung durch den Terrorismus ist immer noch sehr hoch", sagte der IMK-Vorsitzende und schleswig-holsteinische Innenminister Klaus Buß (SPD) zum Abschluss der Konferenz. Eine stärkere Koordinierung der Informationen sei daher zwingend erforderlich. Eine Verlagerung von Kompetenzen der Länder auf den Bund werde es aber nicht geben.
Schily hielt dagegen, zur Bekämpfung des grenzüberschreitend agierenden, lose organisierten El-Kaida-Netzwerkes würden starke zentrale Sicherheitsstrukturen gebraucht. Er werde daher weiter darauf dringen, das BKA in seinen bislang sehr eingeschränkten Kompetenzen der präventiven Terrorbekämpfung zu stärken. Bayerns Innenminister Günther Beckstein (CSU) betonte dagegen, die föderale Aufgabenteilung im Bereich der inneren Sicherheit habe sich bewährt.
Streit zwischen Bund und Ländern
Bereits vor der Konferenz war es zu einer Kontroverse zwischen Schily und seinen Länderkollegen über die Neuordnung der Kompetenzen gekommen. Die Aufgabenteilung zwischen Bund und Ländern ist seit langem umstritten und mit der wachsenden Gefahr durch islamistische Extremisten erneut ins Zentrum der Debatte gerückt. Derzeit ist eine Fülle von Bundes- und Landesbehörden mit teils überlappenden Kompetenzen für die innere Sicherheit zuständig. Immer wieder kommt es zu Koordinationsdefiziten, wie jüngst bei der gescheiterten Festnahme des Islamisten-Führers Metin Kaplan in Köln. Im Gegensatz zu Schily halten die Länder eine intensivere Kooperation zwischen den Behörden für ausreichend und haben kein Interesse daran, sich ihre Kompetenzen beschneiden zu lassen.

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Enge Grenzen gefordert
Die Grünen forderten enge Grenzen für eine "Anti-Terror-Datei": "Hier sind Detailfragen wie Kennzeichnung der Information, Beschränkung auf gewaltbereiten internationalen Terrorismus und enge Zugriffsregelungen zu klären", sagte die innenpolitische Sprecherin der Grünen, Silke Stokar.
Was ist ein "Islamist"?
Der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime, Nadeem Elyas, verlangte eine Eingrenzung des Begriffs "Islamist". "Wir haben die Besorgnis, dass unter diesem allgemein gefassten Begriff dann letztendlich jeder Muslim hineinfällt, was nicht zu akzeptieren ist." Peter Büttgen von der Behörde des Bundesbeauftragten für Datenschutz nannte ebenfalls eine Reihe offener Frage: "Es kann nicht sein, dass jede Polizeibehörde Daten einstellen kann, das dürfen nur die Landeskriminalämter machen." Die Frage sei ferner, wer die Daten abrufen dürfe.
Für die Polizei nicht ausreichend
Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) erklärte, der Schritt in die richtige Richtung reiche bei weitem noch nicht aus. Bereits nach den Anschlägen vom 11. September 2001 in den USA hätte es nach Worten des GdP-Vorsitzenden Konrad Freiberg einen besseren Informationsfluss zwischen Nachrichtendiensten und Polizei geben müssen. "Es bleibt nur zu hoffen, dass der internationale Terrorismus Rücksicht auf die deutsche Gründlichkeit nimmt", sagte Freitag.