Vor vier Jahren war er der SPD-Parteirebell, der – vergeblich – versuchte, die Neuauflage der großen Koalition mit CDU und CSU zu verhindern. An diesem Samstag wurde Kevin Kühnert nun auf dem SPD-Parteitag mit 77,8 Prozent der Stimmen zum neuen Generalsekretär gewählt. Er tritt damit an die Seite des neuen Vorsitzenden-Duos Saskia Esken und Lars Klingbeil. In diesem Trio bleibt so ein Übergewicht der Parteilinken erhalten.
Kevin Kühnert war von 2017 bis 2021 Juso-Vorsitzender
"Die Partei ist Kopf und Herz der sozialdemokratischen Bewegung", betonte Kühnert in seiner Bewerbungsrede deren hohen Stellenwert auch gegenüber der nun vom SPD-Mann Olaf Scholz geführten Bundesregierung. "Fraktion und Regierung sind für uns als SPD unsere Hände, die mit Geschick und Können die Wirklichkeit formen und verändern können", sagte er dazu weiter.
Der heute 32-Jährige Kühnert stand von Ende 2017 bis Anfang 2021 an der Spitze der Jusos. Sein größter Erfolg war die Unterstützungskampagne für das Duo Esken und Norbert Walter-Borjans, die sich auch dank der Unterstützung der Parteijugend 2019 im Ringen um den Parteivorsitz gegen Klara Geywitz und den jetzigen Bundeskanzler Olaf Scholz durchsetzten. Kühnert selbst rückte damals zum Parteivize auf.
Mit Scholz hat er offensichtlich seinen Frieden gemacht. Auf dem Parteitag warnte der neue Generalsekretär vor "grotesken Zerrbildern", wonach Parteispitze oder Jusos den neuen Kanzler "an die kurze Leine nehmen" wollten.
"Anwalt der Partei"
Vielmehr wolle er als Generalsekretär "Anwalt der Partei, Hüter und Treiber ihrer Programmatik und Kommunikator gegenüber einer demokratischen Öffentlichkeit" sein, hob Kühnert in seiner Bewerbungsrede hervor. Allerdings nannte er auch Themen und Konflikte, an denen die Partei weiter arbeiten solle, wie die Ausfüllung des Begriffs "Recht auf Arbeit" und die Definition einer "gemeinwohlorientierten Bodenpolitik".
Bereits zuvor hatte Kühnert gesagt, in der "Ampel" könnten die Debatten ruhig wieder etwas kontroverser ausfallen als zu "Groko"-Zeiten. Im Bundestagswahlkampf hatte der frühere Juso-Chef – ebenso wie Esken und Walter-Borjans – den Parteirechten Scholz loyal unterstützt.
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Wahlkreis Tempelhof-Schönefeld
Während der Koalitionsverhandlungen stellte er dann sogar Gemeinsamkeiten mit den ideologisch weit entfernten Jungen Liberalen heraus, etwa bei Themen wie Senkung des Wahlalters oder Bafög. Dies war sonst durchaus anders gewesen. Kurz vor der Wahl noch ließ Kühnert kaum ein gutes Haar an FDP-Chef Christian Lindner, den er damals als "Luftikus" abqualifizierte.

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Bei der Bundestagswahl setzte sich Kühnert im Berliner Wahlkreis Tempelhof-Schönefeld als Direktkandidat durch. Das Amt des SPD-Generalsekretärs wurde für ihn frei, weil Amtsinhaber Klingbeil am Samstag zum Parteichef gewählt wurde.
Einst als Juso-Chef hatte Kühnert unter anderem mit Forderungen nach der Vergesellschaftung von Großkonzernen wie zum Beispiel des Autokonzerns BMW für Schlagzeilen gesorgt. Empörung, wie er sie damit selbst in Teilen der SPD auslöste, sah er vor allem als Beleg, etwas richtig gemacht zu haben. Spätestens seit seiner Wahl zum Parteivize 2019 wurde er mit solchen Vorstößen aber zurückhaltender.

SPD-Schülerpraktikant
In der SPD ist Kühnert schon sein halbes Leben aktiv. Geboren am 1. Juli 1989 in Berlin, absolvierte er als Jugendlicher ein Schülerpraktikum in einem SPD-Kreisbüro. Nach dem Parteieintritt weitete er sein Engagement kontinuierlich aus – als Landesvorsitzender der Berliner Jusos, Mitarbeiter eines Mitglieds im Berliner Abgeordnetenhaus und als Bezirksverordneter in Tempelhof-Schöneberg.
Kühnerts bislang nicht abgeschlossenes Studium der Politikwissenschaften musste dahinter zurückstehen. Wenn neben seinen verschiedenen Ämtern Zeit bleibt, widmet sich der 32-Jährige gerne dem Sport, unter anderem ist er Fan von Arminia Bielefeld.