Noch ist es nur Gewisper in der Berliner Kulisse. Aber die Tendenz des Gemunkels ist eindeutig: Der sächsische Ministerpräsident Georg Milbradt sei mit Blick auf die Pleite der sächsischen Landesbank nicht mehr zu halten. Die Frage sei nicht mehr, ob Milbradt gekippt werde, sondern nur noch wann. Selbst ein Rücktritt noch an diesem Wochenende sei nicht mehr auszuschließen, prophezeien Unionspolitiker mit gutem Draht ins Kanzleramt.
Land Sachsen muss wohl die Kröte schlucken
Nach Lage der Dinge bei der sächsischen Landesbank kann die nur gerettet werden, wenn das Land Sachsen eine Bürgschaft in Milliardenhöhe leistet. Das Land, das bisher so stolz darauf gewesen ist, die zweitniedrigste Pro-Kopf-Verschuldung aller Bundesländer vorweisen zu können, müsste sich dafür erheblich verschulden, verlöre weitgehend den politischen Handlungsspielraum für viele Jahre. Kurzum, es wäre ein Desaster. Andererseits hat die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht klipp und klar erklärt, wenn nicht schnell eine Lösung der Krise auf den Tisch komme, werden man der Bank den Stecker rausziehen.
Aus Berliner Sicht ist Milbradt, ohnehin ein in Dresden ungeliebter Wessi ohne politische Hausmacht, nicht zu retten. Landesvater, im Übrigen gegen den erbitterten Widerstand von Vorgänger Kurt Biedenkopf, ist er wegen seines Renommees als Finanzexperte geworden. Wie er zulassen konnte, dass seine Landesbank riskante Engagements in Höhe von 43 Milliarden Euro tätigen durfte, ist allen ein Rätsel. Der gute Ruf ist jedenfalls ruiniert. Von einer seriösen Haushaltspolitik kann in Sachsen keine Rede mehr sein.
Nach Hessen brennt nun in Sachsen die Hütte
Damit brennt - zumindest aus Berliner Sicht - in einem weiteren CDU-regierten Land die Hütte. In Hessen ist eine Wahlschlappe von Roland Koch nicht mehr auszuschließen. In Hamburg wird ebenfalls mit Stimmverlusten gerechnet. In Schlesig-Holstein möchte Ministerpräsident Peter Harry Carstensen lieber heute als morgen die Große Koalition beenden und die SPD vor die Türe setzen. In der Brandenburger Großen Koalition zofft man sich ebenfalls mehr als dass man kooperiert. Und jetzt wackelt auch noch Sachsen, wo es seit Biedenkopfs Abgang ohnehin mit der CDU nur noch rückwärts läuft.
Was tun? Merkel wäre nicht die Macht-Merkel, kalkulierte sie den sächsischen Schlimmstfall nicht längst ein. Muss Milbradt gehen, kann sie ihren Kanzleramtsminister Thomas de Maizière nach Dresden als Retter schicken. Der macht zwar aus der Sicht von Union und SPD als Hausmeister Merkels einen glänzenden Job. Aber sein Herz hängt an Sachsen und der dort lebenden Familie. Ersatz für ihn könnte Norbert Röttgen werden, zurzeit zwar noch Parlamentarischer Geschäftsführer der Unionsfraktion, aber schon früher von Merkel als ministerfähig erachtet. Auf seine Position wiederum könnte Eckart von Klaeden nachrücken, der als außenpolitischer Sprecher der Unionsfraktion nicht eben seinen Traumjob machen darf.

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CDU braucht stabile Machtverhältnisse
Nichts kann Merkel mit Blick auf die am Jahresanfang bevorstehenden Landtagswahlen weniger gebrauchen als einen weiteren Krisenherd. Auch hinsichtlich der Bundestagswahl 2009 muss sie an stabilen Machtverhältnissen vor allem in den neuen Ländern interessiert sein. Politische Erdbeben in den Ländern haben in der Bundesrepublik schon oft genug tektonische Fernwirkungen in der Bundespolitik gehabt. Auch unter günstigen Voraussetzungen dürfte es schwer genug werden für die Union, wenigstens 40 Prozent bei der Bundestagswahl zu gewinnen. Daher kann sie sich mit der Rolle der geruhsamen Zuschauerin in Sachsen nicht begnügen. Milbradt wäre schließlich nicht der erste Politiker, den sie über ihre Klinge springen lässt.