Manfred Kanthers Lebenstraum wird sich nicht erfüllen: Der frühere Bundesinnenminister, der sich am liebsten als kraftvolle Säule des Rechtsstaats inszenierte, wird aus seiner Schwarzgeldaffäre nicht mit weißer Weste herauskommen. Zwar hat jetzt das höchste deutsche Gericht das Urteil des Landgerichts Wiesbaden kassiert, das Kanther vergangenes Jahr zu 18 Monate Haft auf Bewährung und einer Geldstrafe verurteilt hatte. Aber in Teilen bleibt es dabei: Am selbst ernannten Ritter ohne Fehl und Tadel bleibt die Tatsache hängen, dass er mit seinen Schwarzgeldgeschäften der CDU geschadet hat. Am Ende könnte jetzt zwar eine geringere Strafe stehen, aber dass Kanthers schwarze Kassen, die dann auch noch in einem unsäglichen Fall politischer Instinktlosigkeit in "jüdische Vermächtnisse" umgedeutet wurden, im nachhinein als ein Fall von Recht und Ordnung ausgelegt werden, dazu wird es nicht kommen.
Rechtsverstöße arrogant als "Notwehr" gerechtfertigt
Recht so! Kanther und sein Mittäter Weyrauch haben auf kriminelle Weise mehr als 20 Millionen Mark auf verschleierte Konten in die Schweiz und nach Lichtenstein transferiert, massive Gewinne damit erzielt und aus dieser schwarzen Kasse Wahlkämpfe in Hessen für die CDU organisiert. Dies alles, so weit man bis heute weiß, an den zuständigen Parteigremien vorbei. Da alles sei zwar ein politischer Fehler gewesen, hat Kanther immerhin im Nachhinein eingeräumt - aber mit irgendeinem erkennbaren Unrechtbewusstsein war das nicht verbunden. Und nur noch als impertinent kann man die Erklärung seiner Anwälte nennen, ihr Mandant habe sich nicht Untreue gegenüber der Partei zuschulden kommen lassen, sonder sich im Gegenteil der "Übertreue" zum Vorteil der CDU befleißigt. Kanther selbst hatte die Arroganz, seine jahrelangen Verstöße gegen das Parteiengesetz als eine Art Notwehr gegen einen "spätsozialistischen Generalangriff" in eine Heldentat umzudeuten.
Richter ließen auch Kohl billig davonkommen
Tatsache jedoch ist: Die Neuauflage seines Prozesses dankt Kanther nicht neuen Fakten, die sein Verhalten im nachhinein legalisiert hätten. Zu seinem Vorteil wirkte sich aus, dass der Begriff der Untreue unter Juristen sehr umstritten ist. Das mag Kanther zwar jetzt helfen, mit einem Freispruch jedoch kann er nicht rechnen. Sollte die neue Strafe so ausfallen, dass es dem ehemaligen Beamten Kanther nicht an die Pension geht - sei's drum. Da die Richter auch beim Schwarzgeldfinanzier Helmut Kohl äußerst milde urteilten und ihn mit einer Strafe von 300 000 Mark billig davonkommen ließen, kann auch Kanther ein Rabatt eingeräumt werden. Man muss ja schon froh sein, wenn in diesen Fällen politischer Kriminalität überhaupt noch die geltenden Gesetze Anwendung finden.