Kommentar Eine überflüssige Debatte

  • von Hans Peter Schütz
Um sich für die kommenden Wahlkampfgefechte schon mal außenpolitisch in Stellung zu bringen, schlägt die CDU jetzt einen "Nationalen Sicherheitsrat" vor. Angela Merkel will allerdings noch nicht in den Schützengraben. Sie meint, es gebe momentan drängendere Probleme.

Es existieren ja reichlich politische Probleme, die gründlicher parlamentarischer Diskussion bedürften. Wie etwa eine Erhöhung der Abgeordnetendiäten um 15 Prozent vor jenen Arbeitnehmern zu rechtfertigen ist, die sich mit gerade mal vier Prozent höheren Löhnen begnügen müssen. Oder wie dafür gesorgt werden könnte, dass nicht schon Durchschnittsverdiener mit dem Höchststeuersatz an die Staatskasse gebeten werden.

Rundum überflüssig ist jedoch, dass sich der Bundestag jetzt mit der Frage beschäftigt hat, ob die Bundesrepublik einen "Nationalen Sicherheitsrat" benötigt, der den Umgang mit außen- wie innenpolitischen Krisen in der Bundesrepublik völlig neu regeln würde.

Weißes Haus in Berlin

Tatsache ist, dass der von der CDU/CSU-Bundestagsfraktion vorgeschlagene Nationale Sicherheitsrat unsere Demokratie auf einen Weg schieben würde, den das Grundgesetz ausdrücklich nicht beschritten sehen will.

Da gibt es die Bestimmung, dass die Kanzler die Richtlinien der Politik bestimmen, dass aber jeder Bundesminister sein Ressort unter eigener Verantwortung leitet. Da ist festgelegt, dass eine klare Trennung der Aufgaben von Bundeswehr und Polizei stattfindet. Und dass der Einsatz der Bundeswehr nicht der parlamentarischen Kontrolle entzogen werden darf.

Wenn die Außenpolitiker der CDU/CSU nun einen Sicherheitsrat vorschlagen, der sich im Prinzip orientiert am amerikanischen Sicherheitsrat, dann zielt das genau darauf ab, die bewährten Strukturen des Grundgesetzes zu umgehen. Unterm Strich soll aus dem Kanzleramt in Berlin eine Art Weißes Haus nach amerikanischem Vorbild werden. Der regelmäßige Einsatz der Bundeswehr im Innern wird von Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble gefordert, da die Bedrohung durch den internationalen Terrorismus dies dringend notwendig mache.

Überflüssige Debatte

Die von der Union handstreichartig los getretene Debatte ist völlig überflüssig. Es gibt bereits einen Bundessicherheitsrat, in dem sich, so gewünscht, alle Fragen der inneren und äußeren Sicherheit besprechen lassen.

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

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Dass dort derzeit lediglich über Waffenexporte geredet wird, muss keineswegs so bleiben. Aber daran ist die CDU/CSU gar nicht interessiert. Ihr geht es nur darum, sich bereits jetzt für den kommenden Wahlkampf außenpolitisch zu profilieren. Der amtierende SPD-Außenminister soll in seinen Kompetenzen wenigstens verbal beschnitten werden.

Ein Trost, dass wenigstens die Bundeskanzlerin auf Distanz zu dem Thema aus ihren eigenen Reihen gegangen ist. Ihr Hinweis, es handle sich bei dieser Diskussion keineswegs um eine aktuelle Fragestellung der laufenden Legislaturperiode, spricht eine eindeutige Sprache: Wir haben jetzt wirklich dringendere politische Probleme zu lösen.