Kommentar Steuerreform - 1:0 für Steinbrück

  • von Kai Beller
So sehen Sieger aus: Peer Steinbrück hat die Unternehmenssteuerreform durch das Kabinett gebracht. Die breite Protestwelle gegen die Reform hat der Finanzminister unbeschadet weggesteckt.

Steinbrück spielt seine Rolle meisterhaft. Kritik an der Unternehmenssteuerreform perlt an ihm ab. Stur hat der SPD-Politiker das Projekt verfolgt. Artig bedankt er sich für die Unterstützung von Bundeskanzlerin Angela Merkel und Wirtschaftsminister Michael Glos. Dabei stellte Merkel am Dienstag Nachbesserungen in Aussicht, und Glos hat seine Vorbehalte sogar zu Protokoll gegeben. Steinbrück spricht von konstruierten Erregungszuständen: Streit gebe es nicht.

Die Konstruktion der Reform ist keine einfache Operation. Der Minister bewegt sich in einem Umfeld, dem er es nicht recht machen kann. Den Wirtschaftsverbänden geht die Entlastung nicht weit genug. Von den eigenen Genossen muss er sich den Vorwurf gefallen lassen, er stecke den Konzernen Steuergeschenke in den Rachen. Steinbrück jongliert ein wenig mit Zahlen, um die Kritiker in den eigenen Reihen zu beruhigen. Er erklärt die Reform sogar zum "ursozialdemokratischen Interesse", weil damit Gewinne wieder in Deutschland versteuert werden.

Einige Nachbesserungen fehlen noch

Die Argumente hat der Minister auf seiner Seite. Nur mit wettbewerbsfähigen Steuersätzen für Unternehmen kann Deutschland auf Dauer seinen Wohlstand erhalten. Mit der Reform bewegt sich Deutschland ins europäische Mittelfeld. Die Konkurrenz mit den Niedrigsteuerländern in Mittel- und Osteuropa versucht die Bundesregierung erst gar nicht einzugehen. Das würden die öffentlichen Finanzen auch gar nicht verkraften.

Die Reform wird wohl eine breite Mehrheit finden. Bundestag und Bundesrat werden die Reform vor der Sommerpause verabschieden. Bis dahin sind aber noch einige Nachbesserungen notwendig. Vor allem gilt es zu verhindern, dass durch die Reform die industrielle Forschung aus Deutschland vertrieben wird. Auch die von Wirtschaftsminister Glos beklagte "Mittelstandslücke" wird noch für Zündstoff sorgen. Im Übrigen gilt das "Struck'sche Gesetz", wonach kein Gesetz das Parlament so verlässt, wie es hineingekommen ist.

FTD