Kriegsreparationen "Das belastet das Verhältnis"

Deutsche Politiker haben sich bestürzt über eine kaum verhüllte Drohung des polnischen Parlaments geäußert, Deutschland für die im Zweiten Weltkrieg angerichteten Schäden zur Rechenschaft zu ziehen.

Die Forderung des polnischen Parlaments nach Entschädigungen für den Zweiten Weltkrieg ist bei deutschen Politikern auf Unverständnis gestoßen. "Das belastet das Verhältnis zwischen unseren Völkern", sagte die stellvertretende SPD- Fraktionschefin Angelica Schwall-Düren in Zeitungsinterviews. Der SPD-Außenpolitiker Markus Meckel sprach gegenüber der "Berliner Zeitung" von einem Rückfall in den "Geist der gegenseitigen Aufrechnungen", den er mit großer Enttäuschung zur Kenntnis nehme.

Polens Parlament fordert Reparationen

Das polnische Parlament hatte die Regierung in Warschau am Freitag zu Reparationsforderungen gegenüber Deutschland aufgefordert. In einer fast einstimmig verabschiedeten Entschließung wurde betont, dass Polen bisher keine "angemessene finanzielle Entschädigung und Kriegsreparationen" für die Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg erhalten habe. Ministerpräsident Marek Belka äußerte sich zurückhaltend zu der rechtlich nicht bindenden Entschließung. Die Bundesregierung wollte den Beschluss nicht kommentieren.

Auszüge aus dem Text der Entschließung

"Im Bewusstsein der Rolle der historischen Wahrheit und grundlegenden Gerechtigkeit in den deutsch-polnischen Beziehungen stellt der Sejm der Republik Polen fest, dass Polen bislang keine angemessene finanzielle Kompensation und Kriegsreparationen für das Ausmaß der Zerstörungen sowie die materiellen und immateriellen Verluste erhalten hat, die durch die deutsche Aggression, Besatzung, Völkermord und Verlust der Unabhängigkeit Polens verursacht wurden; der Sejm der Republik Polen fordert die Regierung der Republik Polen zur Aufnahme entsprechender Aktivitäten in dieser Angelegenheit gegen die Regierung der Bundesrepublik Deutschland auf.
(Der Sejm) stellt fest, dass Polen keine finanziellen Verpflichtungen gegen Bürger der Bundesrepublik Deutschland als Ergebnis des Zweiten Weltkrieges (...) übernimmt. (...)
(Der Sejm) appelliert an die Behörden der Bundesrepublik Deutschland, die deutschen Entschädigungsklagen gegen Polen unbegründet und unrechtmäßig zu nennen (...)."

Die SPD-Politikerin Schwall-Düren, die auch Vorsitzende der Deutsch-Polnischen Gesellschaft ist, sprach gegenüber der in Berlin erscheinenden Tageszeitung "Die Welt" (Samstag) von einem "Bärendienst", der den deutsch-polnischen Beziehungen mit der Entschließung erwiesen worden sei. Der Vorsitzende des Europa- Ausschusses, Matthias Wissmann (CDU) appellierte an beide Seiten, Maß zu halten. "Auch unsere polnischen Freunde sollten wissen, wie viel Deutschland ihnen beim EU-Beitritt geholfen hat", sagte er der "Berliner Zeitung".

Im Gegenzug keine deutschen Forderungen akzeptiert

Ohne Gegenstimme und mit nur einer Enthaltung hatte das polnische Parlament die Entschließung zu den Reparationsforderungen angenommen. Außerdem wurde die deutsche Regierung aufgefordert, deutsche Entschädigungsforderungen gegen Polen für unbegründet und unrechtmäßig zu erklären. Die Abgeordneten betonten, dass "Polen keinerlei finanzielle Verpflichtungen" gegenüber Bundesbürgern als Ergebnis des Zweiten Weltkrieges trage. Die Bundesregierung solle die Verantwortung für die Entschädigung deutscher Bürger übernehmen, die als Folge des Zweiten Weltkriegs Schäden durch die Vertreibung erlitten haben.

Auf einem Wirtschaftsforum im südpolnischen Krynica sagte Belka am Freitagabend vor Journalisten: "Ich verstehe die Sorge des Sejm über eventuelle Entschädigungsforderungen aus Deutschland." Das Problem müsse gelöst werden, ohne die guten Beziehungen zu Deutschland, "unserem wichtigsten politischen und wirtschaftlichen Partner", zu stören, betonte Belka. Er setze auf den Dialog zwischen der deutschen und polnischen Regierung, um die Rechtsprobleme als Folge des Zweiten Weltkrieges endgültig abzuschließen.

DPA DPA

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