Bund, Länder und Kommunen sind sich nach Angaben von Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen einig, dass die Zahl der Betreuungsplätze für unter dreijährige Kinder bis zum Jahr 2013 verdreifacht werden soll. "Wir wollen ein Angebot schaffen für jedes dritte Kind", sagte die CDU-Politikerin am Montag in Berlin nach einem Treffen mit den Landesministern und den kommunalen Spitzenverbänden. Im Jahr 2013 solle es 750.000 Kita-Plätze für unter Dreijährige geben. Derzeit sind es etwa 285.000. Damit werde Deutschland bei den Betreuungsangeboten "europäisches Niveau" erreichen. Eine Versorgungsquote von 35 Prozent sei "kein starres Gebilde", sagte von der Leyen. Die Nachfrage werde sicherlich in Städten größer sein als auf dem Lande.
Bund, Länder und Kommunen seien sich einig, dass sie "diese Kraftanstrengung" gemeinsam schultern wollten, sagte von der Leyen. Die Dynamik beim Ausbau der Kinderbetreuung müsse beschleunigt werden. Bis 2008 solle 20 Prozent der Eltern von unter Dreijährigen eine Kinderbetreuung zur Verfügung stehen. "Wir müssen schneller vorankommen. Die Wartelisten sind zu lang", sagte von der Leyen. Keine Einigung fand die Runde in den Details der Finanzierung und des Finanzbedarfs. Der Deutsche Städtetag machte geltend, dass er für 2013 mit einem Finanzbedarf von etwa vier Milliarden Euro rechne. Darüber soll laut von der Leyen nach Ostern eine Arbeitsgruppe beraten.
"Es kommt darauf an, wo Bedarf ist"
Unmittelbar vor dem Gipfel war ein Streit zwischen West- und Ost-Ländern über die Verteilung möglicher Fördergelder entbrannt. Im Westen ist im Vergleich zum Osten der Bedarf an zusätzlichen Betreuungsmöglichkeiten größer. Daraus leiten einige westdeutsche Länder auch einen größere Anspruch auf Förderung ab. "Es kommt darauf an, dass da, wo Bedarf ist, geholfen wird", sagte der nordrhein-westfälische Familienminister Armin Laschet am Montag dem Fernsehsender "N-TV". "Der Westen hat in den letzten Jahren an vielen Orten, wo im Osten Bedarf war, geholfen - ob das Straßen, ob das Kasernen, ob das Innenstädte, ob das Abwassersysteme, ob das Infrastruktur oder vieles mehr, war." Kritik an dieser Position äußerten CDU-Vertreter aus Thüringen und Sachsen. Sie drangen auf eine gleichmäßige Verteilung der Mittel. Der Osten dürfe jetzt nicht dafür bestraft werden, dass er bereits früher sein Betreuungsangebot ausgebaut habe, sagte Brandenburgs Familienminister Holger Rupprecht dem "Tagesspiegel."
110.000 zusätzliche Plätze allein in NRW?
Bei dem Gipfel in Berlin ging es im Kern um zwei Fragen. Erstens, wie viele zusätzliche Plätze für werden bis 2013 realistisch benötigt und, zweitens, wie viel Geld schießt der Bund den Ländern zu? Von der Leyen fordert insgesamt 750.000 zusätzlich Krippenplätze. Dafür veranschlagt sie zusätzliche Kosten in Höhe von rund drei Milliarden Euro. Kritiker werfen ihr vor, mit dieser Zahl weit übers Ziel hinauszuschießen. Nach Informationen der "Süddeutschen Zeitung" geht von der Leyens Haus davon aus, dass einige Länder bis 2013 gehörig nachlegen müssen. Nordrhein-Westfalen müsste demnach bis 2013 110.000 neue Krippenplätze schaffen, Bayern 77.000, Baden-Württemberg 72.000. Aber auch in den ostdeutschen Bundesländern, die den Bedarf weitaus besser abdecken als die alten Länder, wären offenbar Aufstockungen nötig. Thüringen etwa müsste nach Informationen der "Süddeutschen Zeitung" bis 2013 10.000 zusätzliche Krippenplätze einrichten. Dabei geht das Ministerium aufgrund einer Eltern-Befragungen davon aus, dass im Westen etwa ein Drittel der Eltern sich Betreuung wünschen, im Osten etwa die Hälfte. Von der Leyens Haus hat für jedes Land eine Bedarfsquote errechnet, die im Schnitt über 30 Prozent liegt. Die Länder selbst setzen den Bedarf jedoch weitaus geringer an. Kompliziert wird die Sache dadurch, dass die Betreuung im Prinzip Sache der Länder und der Kommunen ist.
Handfester Krach in der Koalition
Dennoch. Auf welchen Schlüssel sich von der Leyen mit den Ländern auch immer einigt: Entscheidend ist, wie viel Geld der Bund zuschießt - und vor allem, wie er den Zuschuss bezahlt. Und da gibt es einen handfesten Krach innerhalb der großen Koalition. Von der Leyen hat der SPD das Thema Familienpolitik öffentlichkeitswirksam abgeluchst. Nun versuchen die Genossen, wieder Boden gut zu machen. Dabei pochen sie im Streit um zusätzlichen Krippenplätze vor allem darauf, dass deren Finanzierung auch gesichert sein müsste. Die Ministerin, so unterstellen die SPD-Spitzen gerne, mache Versprechungen ohne zu erklären, wie diese bezahlt werden könnten. Die SPD schlug im Februar vor, die zusätzlichen Einrichtungen über eine teilweise Abschmelzung des Ehegattensplittings und den Verzicht auf eine Erhöhung des Kindergeldes zu bezahlen. Diese Vorstöße stießen jedoch in der Union auf einhellige Ablehnung. Zum einen müsse die Ehe auch weiterhin unter besonderen steuerlichen Schutz gestellt werden, hieß es, zum andern wolle man Eltern, die ihre Kinder zu Hause betreuten, nicht dadurch benachteiligen, dass man auf ein höheres Kindergeld verzichte. Das Thema soll auf der Sitzung des Koalitionsausschuss am 16. April auf der Tagesordnung stehen.