Kundus-Affäre SPD will Merkel im Januar vorladen

Die Opposition stürzt sich mit Verve in die Aufklärung des Luftangriffs in Afghanistan. Noch im Januar will sie Kanzlerin Angela Merkel vor den Ausschuss des Bundestags laden. Der Bundeswehrverband fragt sich indes: "Worüber diskutieren die eigentlich in Berlin?"

Die SPD will Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und einige Minister noch vor der Afghanistan-Konferenz Ende Januar vor den Kundus-Untersuchungsausschuss laden. "Angesichts der Brisanz der Fragen wollen wir Kanzlerin und Minister ganz am Anfang hören", sagte der SPD-Verteidigungsexperte Rainer Arnold "Spiegel Online". Und zwar "möglichst noch im Januar".

An diesem Mittwoch konstituiert sich der Untersuchungsausschuss, der die Hintergründe des Luftangriffs auf zwei Tanklaster am 4. September durchleuchten soll. Mit mehr als 90 Beweisanträgen will die Opposition die Bundesregierung zu lückenloser Aufklärung drängen, rund 40 Zeugen sollen zunächst aussagen. SPD, Grüne und Linke wollen insbesondere die Informationspolitik rund um das Bombardement prüfen.

Verteidigungsexperte Arnold drohte zudem mit einem zweiten Untersuchungsausschuss, sollte die Regierung sich weigern, das Gremium "in politischen Fragen" öffentlich tagen zu lassen: "Das muss sein, denn sonst wird es einen zweiten Ausschuss geben müssen."

"Steinmeier hat zivile Opfer nie ausgeschlossen"

Seine Partei blicke der Aufklärung gelassen entgegen, sagte Arnold. Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier, der als Außenminister und Vizekanzler jahrelang den Afghanistan-Einsatz vertreten hatte, habe sich nichts zu Schulden kommen lassen. Dessen von der Union geforderten Auftritt als Zeuge sehe man ohne Sorge. "Steinmeier hat zivile Opfer damals nie ausgeschlossen. Wir sind da gelassen. Das ist ein recht durchsichtiger Versuch, uns da noch reinzuziehen."

Unterdessen erklärte der Deutsche Bundeswehrverband im ZDF-"Morgenmagazin", die Bundeswehr befinde sich "in Kundus in einem regionalen Krieg". Verbandschef Ulrich Kirsch sagte am Dienstag, der Bundestag müsse sich "zeitnah mit der Frage befassen, was wir dort haben: einen nicht- international bewaffneten Konflikt oder einen reinen Stabilisierungseinsatz". Letzteres sei aber nicht die Realität, sondern in der Vergangenheit schöngefärbt worden.

Nach Ansicht des Verbandschefs ist die Frage nach der Rechtmäßigkeit des verheerenden Bombardements Anfang September relativ einfach zu beantworten: "Wenn wir einen nicht-international bewaffneten Konflikt haben, wie wir ihn in der Realität sehen, dann ist es auch erlaubt, präventiv zu wirken. Das ist die Realität, die wir im Einsatzland haben. Unsere Frauen und Männer fragen sich: Worüber diskutieren die eigentlich in Berlin?"

DPA
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