Kurt Biedenkopf gilt seit fast vier Jahrzehnten in politischen Streitfragen als Retter in der Not. Schon zwei Mal sprang der Wirtschafts- und Finanzjurist, ehemalige CDU-Generalsekretär und in den 70er Jahren jüngste Hochschulrektor in Tarifkonflikten bei der Bahn als Schlichter in die Bresche. Nach der Wiedervereinigung wurde er erster Ministerpräsident des Freistaates Sachsen. Auf Biedenkopf zählen konnten die Parteifreunde nicht zuletzt in den 80er Jahren in Nordrhein-Westfalen nach einem herben Wahldebakel der CDU. Biedenkopf betätigte sich dort an vorderster Front als Reformer und wurde erster Vorsitzender der vereinten NRW-CDU.
In der eigenen Partei genießt der 77-Jährige den Ruf des Ideengebers und scharfsinnigen Analytikers. Dabei scheute er in der Sozial-, Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik auch die Auseinandersetzung mit dem ehemaligen Bundeskanzler Helmut Kohl und mit Ex-Arbeitsminister Norbert Blüm nicht.
Der König von Sachsen
Am besten in Erinnerung dürfte der gebürtige Rheinländer als Regierungschef in Sachsen geblieben sein. Dieses Amt bekleidete er bis April 2002 und erwarb sich in dieser Zeit den Spitznamen "König von Sachsen". Unrühmlich war aber Biedenkopfs Abgang. Im Januar 2002 erklärte er seinen Rücktritt, nachdem immer neue Vorwürfe gegen ihn erhoben wurden. So sollen Biedenkopf und seine Frau private und dienstliche Angelegenheiten beim Betrieb des Gästehauses der Staatsregierung und der Bewachung ihres Sommerhauses vermischt haben. Zudem soll der Politiker Gratisgefälligkeiten von Firmen und Rabatte bei Kaufhäusern in Anspruch genommen haben.
Doch Biedenkopf blieb über Parteigrenzen hinweg ein angesehener Ratgeber und fungierte weiter als Geheimwaffe. Auf Wunsch des damaligen Kanzlers Gerhard Schröder erklärte er sich 2004 bereit, dem Ombudsrat für Hartz-IV-Beschwerden beizutreten. Im März 2005 übernahm er den Vorsitz der Regierungskommission zur Zukunft der betrieblichen Mitbestimmung.
In seiner Funktion als Vermittler bei der Bahn erscheint es nun fast, als wiederhole sich Geschichte. Wie heute wollte die Lokführergewerkschaft GDL 2003 einen Tarifabschluss mit den anderen Bahngewerkschaften nicht akzeptieren und drängte auf eine Sonderregelung. Erst nach einem langwierigen Verfahren kam eine Einigung zustande. Vor fast genau einem Jahr vermittelte Biedenkopf mit Ex-Kanzler Gerhard Schröder ebenfalls im Bahnkonflikt. Diese Vermittlung scheiterte allerdings.