Der an der Bundeswehr-Universität in München lehrende Historiker Michael Wolffsohn muss nach seinen indirekten Antisemitismus-Vorwürfen gegen SPD-Chef Franz Müntefering keine dienstrechtlichen Konsequenzen befürchten. Peter Struck (SPD), der als Verteidigungsminister für die Bundeswehr-Universität verantwortlich ist, wird sich nicht einschalten. "Es wird kein Gespräch geben", sagte ein Sprecher des Verteidigungsministeriums.
Michael Wolffsohn, ein streitbarer Historiker
Michael Wolffsohn (57), Professor an der Bundeswehr-Universität in München, gilt als streitbarer Historiker. Er wurd 1947 in Tel Aviv als Sohn deutsch-jüdischer Emigranten geboren und kehrte 1954 mit seinen Eltern nach Deutschland zurück. 1966 machte er an einer West-Berliner Schule Abitur und diente zwischen 1967 und 1970 freiwillig in der israelischen Armee. 1975 wurde Wolffsohn an der FU Berlin zum Doktor der Philologie promoviert. Seit 1981 hat er eine Professur für Neuere Geschichte an der Bundeswehruniversität in München. Seine Forschungsschwerpunkte liegen auf den Gebieten internationale Beziehungen, israelische sowie deutsch-jüdische Geschichte. Wolffsohn ist Autor zahlreicher Bücher. Er schreibt auch für mehrere Zeitungen in Deutschland und im Ausland. Für Aufsehen sorgte Wolffsohn bereits vor fast genau einem Jahr, als er Folter oder deren Androhung für legitim als ein Mittel im Kampf gegen den Terrorismus hielt.
Wolffsohn fordert Entschuldigung
Wolffsohn hatte Müntefering angegriffen und Passagen von dessen Kapitalismus-Kritik mit der Nazi-Hetze gegen Juden verglichen. Der SPD-Vorsitzende habe "wieder Menschen mit Tieren gleichgesetzt". Heute sei von "Plagen" und "Heuschrecken" die Rede, damals von "Ratten" oder "Judenschweinen", hatte der Historiker in der "Rheinischen Post" geschrieben. Während Wolffsohn Müntefering bereit in der "Financial Times Deutschland" aufforderte, sich für seine Wortwahl zu entschuldigen, schweigt sich der SPD-Chef weiter aus. "Solchen Unsinn kommentiere ich nicht", sagte der SPD-Chef.
Angesichts der Faktenlage sehen auch die Grünen dienstrechtliche Konsequenzen gegen Wolffsohn skeptisch. Der Historiker habe das Image der Bundeswehr-Universität in München in Misskredit gebracht. Doch die Möglichkeiten eines dienstrechtlichen Einschreitens seien begrenzt, sagte etwa der Verteidigungsexperte der Grünen-Fraktion, Winfried Nachtwei, der "Netzeitung. Er sieht vor allem Struck in der Pflicht. "Ich gehe davon aus, dass der Minister zügig im Rahmen seiner Möglichkeiten reagieren wird", sagte Nachtwei. Anders schätzt die Grünen-Vorsitzende Claudia Roth die Sachlage ein. Sie glaubt Wolffsohn sei als Professor der Bundeswehr-Universität nicht länger tragbar.
Robbe hält Wolffsohn für untragbar
Eine Einschätzung, die auch der Sozialdemokrat Reinhold Robbe teilt. Der neu gewählte Wehrbeauftragte und zurzeit noch amtierende Vorsitzende des Verteidigungsausschusses forderte die Prüfung dienstrechtlicher Konsequenzen. "Das Maß ist schon lange voll. Herr Wolffsohn ist für eine Bundeswehreinrichtung nicht tragbar", sagte Robbe der "Passauer Neuen Presse".