Klaus Wowereit, Regierender Bürgermeister von Berlin, will im Falle seiner Wiederwahl am 17. September in die Riege der SPD-Kronprinzen aufrücken und den bundespolitischen Kurs seiner Partei maßgeblich mitbestimmen. "Ich werde mich artikulieren, stärker als in den letzten fünf Jahren, in denen wir in der Stadt aufräumen mussten", sagte er in einem Interview mit dem stern. "Ich glaube, dass wir aus Berlin starke Impulse für soziale Gerechtigkeit geben müssen, auch zu der Frage, welche Rolle die SPD in der Großen Koalition hat."
stern 35/2006
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Wowereit schloss nicht aus, für das Amt eines stellvertretenden SPD-Vorsitzenden zu kandidieren und betonte, dass er sich mit der zweiten Reihe der SPD-Bundespolitiker, den Ministern Peer Steinbrück und Sigmar Gabriel, auf Augenhöhe bewege. "Ich sehe zwischen einem Bundesminister und einem Ministerpräsidenten in der öffentlichen Wahrnehmung keinen Unterschied." Er bringe aus Berlin "rot-rote-Erfahrung, aber vor allen Dingen Erfahrungen für die Einheit Deutschlands" ein. Diese Erfahrung biete kein anderer.
Bundesweit gegen ein rot-rotes-Bündnis
Wowereit, der in Berlin sein Regierungsbündnis mit der Linkspartei fortsetzen möchte, erteilte auf Bundesebene einer Koalition von SPD und Linken nach der Wahl 2009 eine klare Absage. "Da agiert die Linkspartei mit einer Fundamentalopposition und einem Populismus, der sie unfähig macht zu Regierungsverantwortung", sagte er. "Und solange Oskar Lafontaine an der Spitze der Bundestagsfraktion steht, ist es für viele Sozialdemokraten unmöglich, überhaupt nur an Zusammenarbeit zu denken."
Er sei allerdings gegen Denkverbote. Es sei ein Unterschied, ob man "niemals" sage oder: "Wir messen eine Partei an ihren derzeitigen Aussagen". Wowereit fügte hinzu: "Wir warten mal die programmatische Veränderung der Linkspartei ab."
Skeptisch äußerte sich Wowereit auch zu einer Ampelkoalition auf Bundesebene mit FDP und Grünen. "In Deutschland sind Dreier-Koalitionen nicht gelernt", sagte er. "Man kann sie nicht ausschließen, aber man sollte sie nach Möglichkeit vermeiden. Zweier-Koalitionen müssen immer noch das Ziel sein." Die SPD als stärkere Partei in einer Großen Koalition "wäre schon mal ein Fortschritt".