Nach Kritik an Magna-Lösung Regierung rügt ihren Opel-Treuhänder

Für die Bundesregierung ist es ein Image-Gau: Ausgerechnet ihr Treuhänder im Opel-Beirat hat den Verkauf an Magna heftig kritisiert. Wenige Stunden später holt sie zum Gegenschlag aus - der Manager habe gefälligst "die Interessen des Treugebers" zu vertreten.

Die Bundesregierung hat ihren Vertreter im Treuhand-Beirat bei Opel für sein Nein zum Verkauf an die Magna-Gruppe gerügt. Regierungssprecher Ulrich Wilhelm machte am Freitag deutlich, dass von dem ehemaligen Manager Manfred Wennemer erwartet worden sei, "die Interessen des Treugebers" zu vertreten. Die Regierung bleibe bei ihrer Haltung, dass die Verkaufsentscheidung für Opel eine "gute, eine wirtschaftlich tragfähige Lösung" darstelle. In diesem Sinne hatte sich auch Kanzlerin Angela Merkel geäußert. Die eine oder andere Erklärung Wennemers sei "in der Sache nicht nachvollziehbar", sagte Wilhelm.

Treuhänder sprechen von einer politischen Entscheidung

Wennemer, der ehemalige Vorstandsvorsitzende von Continental, hatte nach der Entscheidung im Beirat kritisiert, die notwendige Umstrukturierung finde bei Opel aus politischen Gründen künftig nicht statt. Würde das aktuell geltende Insolvenzrecht angewandt, dann hätte der Vorstand von Opel im Jahr 2010/11 nur eine Möglichkeit: zum Insolvenzrichter gehen, sagte er. Mit 1,5 Millionen Einheiten pro Jahr sei Opel zu klein. "Opel baut viel zu wenig Autos, um effizient zu sein". Die Vereinbarungen mit GM beließen das volle finanzielle Risiko beim deutschen Steuerzahler. Selbst für den Fall einer Insolvenz werde GM nicht auf Patentzahlungen verzichten.

Auch Pfeil warf der Bundesregierung vor, sich viel zu früh auf Magna festgelegt zu haben. Aus seiner langjährigen Erfahrung als Insolvenzverwalter wisse er, dass eine frühe Festlegung völlig falsch sei. Er hätte die Aufgabe nicht übernommen, wenn er gewusst hätte, dass es nicht um eine betriebswirtschaftliche, sondern eine politische Entscheidung gegangen sei. Er habe sich nur enthalten, weil ein weiteres Hinziehen der Sache noch abträglicher gewesen wäre, sagte Pfeil mit Blick auf die monatelange Ungewissheit für die Opel-Mitarbeiter.

Opposition zweifelt an Opel-Rettung

Auch die Oppositionsparteien FDP, Grüne und Linke zeigten sich skeptisch über die Opel-Einigung. FDP-Chef Guido Westerwelle kritisierte, die Vertragsbedingungen seien bislang eine Geheimsache. Er forderte die Bundesregierung auf, sämtliche Verhandlungsunterlagen offenzulegen. "Dabei ging es doch lediglich darum, dass man der Regierung es noch kurz vor der Wahl gönnen wollte, eine solche Erfolgsmeldung in die Medien zu bringen", sagte er.

Renate Künast von den Grünen sprach von einer "angeblichen Rettung". Auch Gregor Gysi äußerte sich zurückhaltend. "Wir wissen nicht, ob das Ganze denn auch stattfindet", sagte der Fraktionschef der Linken.

Bochum muss bluten

Regierungssprecher Wilhelm betonte hingegen in Berlin, zwischen der Konzernmutter GM und der Magna-Gruppe seien "keine grundlegenden Fragen" mehr zu verhandeln. "Eine zügige Lösung noch vor Jahresende" sei möglich.

Klar ist in jedem Fall, dass Opel saniert werden muss. Fachleute von Magna, die die Opel-Fabriken in den vergangenen Monaten unter die Lupe genommen hatten, förderten alarmierende Zahlen zutage. So wird der angeschlagene Autobauer im laufenden Jahr wahrscheinlich nur noch 1,16 Millionen Fahrzeuge vom Band rollen lassen, über eine halbe Million weniger als noch vor zwei Jahren und ein Einbruch um fast 20 Prozent gegenüber 2008. Die deutschen Opel-Werke sind derzeit durchschnittlich nur zu 56 Prozent ausgelastet. Erwartet wird für das laufende Jahr ein Verlust von 2,1 Milliarden Euro.

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

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Um Opel wieder auf die Beine zu bringen, werden rund fünf Milliarden Euro nötig sein. Rund 10.000 Jobs will Magna europaweit bei Opel und Vauxhall streichen, das wäre rund ein Fünftel der Belegschaft. Nach einem am 17. Juli von Magna und der Sberbank vorgelegten Zukunftskonzept für Opel sollen in Deutschland mehr als 3000 Stellen wegfallen. Die härtesten Einschnitte sind dabei in Bochum geplant. Das Bochumer Werk soll die Produktion des wichtigsten Opelmodells Astra verlieren und künftig nur noch den Zafira bauen. Auch die Produktion von Getrieben soll in Bochum geschlossen werden. Alles in allem droht hier ein Abbau von rund 2000 Arbeitsplätzen. Durch den Stellenabbau sollen die Kosten von Opel pro Jahr um rund eine Milliarde Euro gesenkt werden.

Doch das wird nicht reichen, um den Hersteller profitabel zu machen. "Es wird "für alle Beteiligten ein harter Weg werden", sagte Magna-Gründer Frank Stronach der Zeitung "Österreich". Opel habe schon lange keinen Profit mehr gemacht.

AP · Reuters
AP/Reuters