Das ansonsten oftmals beschauliche Niedersachsen steckt in einer handfesten Regierungskrise - Auslöser: Der angekündigte Wechsel der Grünen-Landtagsabgeordneten Elke Twesten in die Reihen der CDU. Die knappe Mehrheit für Rot-Grün ist damit weg, Ministerpräsident Stephan Weil verhandelt mit allen Fraktionsvorsitzenden über Neuwahlen in Niedersachsen.
Der Partei- und Fraktionswechsel von Elke Twesten droht unterdessen, zu einer Schlammschlacht zu geraten. Die Spekulationen über die Beweggründe für ihren Umschwung haben am Wochenende neue Nahrung erhalten.
Elke Twesten bestreitet Angebot der CDU
Die "Nordwest-Zeitung" aus Oldenburg berichtete über ein "unmoralisches Angebot", das der Überläuferin von Seiten der Union gemacht worden sein soll. Das Blatt beruft sich dabei auf die Aussagen zweier Politikerkollegen: Sowohl der Parlamentarische Geschäftsführer der Grünen, Helge Limburg, als auch der frühere Landtagspräsident Rolf Wernstedt (SPD) wollen von der 54-Jährigen über eine zweifelhafte Offerte der CDU in Kenntnis gesetzt worden sein, Limburg sogar schon im Juni. Auch SPD-Landtagsfraktionschefin Johanne Modder sagte, ihr sei ein solches Angebot bekannt gewesen.
Worum es sich bei dem "unmoralischen Angebot" gehandelt haben soll, also zum Beispiel Geld oder ein bestimmter Posten, ist nicht bekannt.
Die CDU streitet das angebliche Angebot ohnehin ab. Spitzenkandidat Bernd Althusmann sagte der "Welt am Sonntag": "Sie (Elke Twesten, Anm. d. Red.) hat es aus eigenem Willen getan. Sie hat sich das reiflich überlegt und inhaltlich mir gegenüber begründet." Angebote habe es keine gegeben, ergänzte er gegenüber der Deutschen Presse-Agentur. CDU-Niedersachsen-Generalsekretär Ulf Thiele stößt ins gleiche Horn. Er reagierte empört auf Stimmenkaufs-Vorwürfe des Grünen-Politikers Jürgen Trittin und teilte mit: "Die unwahren und verleumderischen Vorwürfe von Herrn Trittin und anderen weise ich auf das Schärfste zurück. Sie sind der hilflose Versuch, vom eigenen Versagen abzulenken."
Wahlkampf in Niedersachsen könnte schmutzig werden
Und was sagt Elke Twesten selbst zu den Vorwürfen? Sie erklärt, dass sie bei den Grünen keine politische Zukunft mehr gesehen habe. "Ich habe eine bürgerliche Grundstruktur und muss mich in der Union nicht verbiegen." Sie betonte, es sei zutiefst beleidigend, wenn ihr unterstellt werde, sie habe sich von der CDU kaufen lassen. Die Grünen hätten ihre Kritik am Kurs der Partei nicht ernst genommen, sie sei über längere Zeit auf taube Ohren gestoßen. Auf die Frage im Deutschlandfunk-Interview, ob sie auf die CDU oder die Partei auf sie zugekommen sei, antwortete sie mit "Kein Kommentar."
Das letzte Wort in der Angelegenheit ist offenbar noch nicht gesprochen. Die Diskussion über Moral in der Politik dürfte damit auch den wahrscheinlich anstehenden Landtagswahlkampf beeinflussen - er könnte schmutzig werden. Die VW-Affäre um Ministerpräsident Stephan Weil und der Fraktionswechsel von Elke Twesten bieten dafür ausreichend Zündstoff.

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