Bundesweit sind Ermittler wegen Anschlagsplänen und der geplanten Entführung von Gesundheitsminister Karl Lauterbach mit Razzien gegen Mitglieder mehrerer Telegram-Gruppen vorgegangen. Zuvor hatte die ARD darüber berichtet. Die Generalstaatsanwaltschaft Koblenz ermittle gegen zwölf Männer und Frauen. Sie sollen eine schwere staatsgefährdende Gewalttat und weitere Straftaten geplant haben. Die Beschuldigten hätten geplant, Einrichtungen der Stromversorgung zu zerstören, um so einen länger anhaltenden bundesweiten Stromausfall herbeizuführen, der bürgerkriegsähnliche Zustände verursachen sollte, wie die Generalstaatsanwaltschaft Koblenz in einer Mitteilung bekanntgab. Zudem werden ihnen Verstöße gegen das Waffen- und Kriegswaffenkontrollgesetz vorgeworfen.
Nach Ansicht der Ermittler wollte die beschuldigte Gruppe dieses Chaos nutzen, um das demokratische System in Deutschland zu stürzen und die Regierung zu übernehmen. Zudem sei geplant worden, Gesundheitsminister Karl Lauterbach zu entführen und seine Personenschützer "auszuschalten", so "Report Mainz". Die Generalstaatsanwaltschaft schreibt dazu lediglich: "Zudem war die Entführung bekannter Personen des öffentlichen Lebens Bestandteil der Pläne."
Waffenkauf war Falle der Ermittler
Die zwölf Beschuldigten sollen sich in mehreren rechtsextremen Telegram-Chatgruppen organisierten haben, unter anderem in Gruppen namens "Vereinte Patrioten" und "Aktive Patrioten". Chatverläufe sollen "Report Mainz" vorliegen. Es sollen auch Fantasien zu Mordanschlägen auf Politiker und Anleitungen zur Herstellung von Giften ausgetauscht worden sein.
Wie "Report Mainz" weiter berichtet, haben sich die Pläne in den vergangenen Tagen konkretisiert. Die Beschuldigten hätten für mehrere Zehntausend Euro Waffen, Minen und Schutzausrüstung kaufen wollen. Eine erste Übergabe sollte in dieser Woche im rheinland-pfälzischen Neustadt an der Weinstraße stattfinden. Allerdings habe es sich bei dem Angebot um eine Falle der Ermittler gehandelt. Der Waffenkäufer sei festgenommen worden, ebenso zwei weitere Männer in Niedersachsen und Brandenburg.
Die drei Männer werden dem Bericht zufolge als Hauptbeschuldigte geführt, ebenso eine weitere Person, die sich derzeit im Ausland aufhalte. Sie sollen demnach die Waffenkäufe und das Geld organisiert haben. Am Mittwoch sei ein weiterer Beschuldigter festgenommen worden. Sie sollen am Donnerstag dem Ermittlungsrichter vorgeführt werden.
Ermittler: Gruppe besteht aus Corona-Gegnern und Reichsbürger
Mehr als Häuser und Wohnungen wurden in Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg, Brandenburg, Bayern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Sachsen, Schleswig-Holstein und Thüringen durchsucht. Datenträger, Computer und Handys seien sichergestellt worden, ebenso Waffen (darunter 14 Lang- und sieben Kurzwaffen sowie eine Kalaschnikow), Munition, Bargeld in Höhe von 8.900 Euro, zahlreichen Goldbarren und Silbermünzen sowie Devisen im Wert von über 10.000 Euro, so die Ermittler. Auch gefälschte Impfpässe sowie gefälschte Testzertifikate wurden sichergestellt.
Die Ermittlungen laufen nach Angaben der Generalstaatsanwaltschaft seit September 2021. Die Personen seien der Corona-Protestszene und Reichsbürgerbewegung zuzuordnen. Einige sind bereits demnach polizeilich bekannt. Die Beschuldigten sind deutsche Staatsangehörige im Alter von 55, 54, 50, 42, und 41 Jahren, so die Ermittler in ihrer Mitteilung.
Lauterbach: Lasse mich nicht beirren
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach will sich von mutmaßlichen Entführungsplänen nicht einschüchtern lassen. "Manchen Covid-Leugnern geht es nicht um den Kampf gegen Impfungen oder Corona-Auflagen. Sie kämpfen gegen unsere demokratische Grundordnung", sagte der SPD-Politiker der "Bild am Sonntag". "Damit werden sie aber keinen Erfolg haben. Ich lasse mich dadurch nicht beirren, sondern setze mich weiter für die gesamte Bevölkerung ein. Dieses Beispiel zeigt die Zerrissenheit unserer Gesellschaft. Diese Spaltung zu überwinden und Vertrauen zurückzugewinnen, bleibt Ziel meiner Politik."
Lauterbach hatte wiederholt von Drohungen gegen ihn berichtet. Anfang März, nachdem der österreichische Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) unter anderem wegen ständiger Anfeindungen zurückgetreten war, schrieb der SPD-Politiker bei Twitter: "Es ist eine Schande, dass er durch Drohungen aus dem Amt gedrängt wurde. Auch ich werde rund um die Uhr bewacht und kenne diese Belastung." Im vergangenen Herbst hatte Lauterbach geschrieben: "Seit Tagen wird im Netz erneut dazu aufgerufen, mich zu erschlagen. Es ist absolut inakzeptabel, dass so etwas nicht sofort gelöscht werden muss."
Hinweis: Der Text wurde um die Äußerungen von Karl Lauterbach ergänzt.