Porträt Die Leiden des Professors Bisky

15 Jahre politischer Kampf spiegelten sich im Gesicht von Lothar Bisky, als er zum vierten Mal bei der Wahl zum Bundestagsvize durchfiel. Vermutlich hat ihm seine DDR-Karriere einen Strich durch die Rechnung gemacht.

Lothar Bisky ist ein alter Hase im politischen Geschäft. Zusammen mit Gregor Gysi bildete er seit der Wende im Herbst 1989 das "Dream-Team" der PDS. Nur der Sprung ins Präsidium des Bundestages klappte nicht. Die Abgeordneten nahmen bereits bei der scheinbar routinemäßigen Wahl des Präsidenten und seiner sechs Stellvertreter den Eklat in Kauf, indem sie den Vorsitzenden der Linkspartei nicht in das hohe Gremium wählten. Und auch die zweite Sitzung wurde zum Fiasko. Der 64-Jährige fiel zum vierten Mal durch. Auf seinem Gesicht zeichnete sich die ganze Enttäuschung der vergangenen 15 Jahre bundesdeutscher Wirklichkeit ab, wenn er auch vorher betont hatte, er werde sich bestimmt keinen Strick nehmen, wenn er es wieder nicht schaffe.

Dabei ist der Mann kein Hardliner, wenn er auch laut Gysi "eine anständige DDR-Biographie" hat. Er ist bekannt für seinen Wunsch nach Harmonie und seinen pragmatischen Kurs. Selbst Kollegen des anderen politischen Lagers schätzen seine ausgleichende Art. Dennoch machten wohl für manchen Abgeordneten, auch aus SPD-Reihen, ungeklärte Stasi-Vorwürfe und seine Funktion als Parteivorsitzender eine Wahl in das Präsidium des Bundestages unmöglich. In der Tat kandidierte noch nie ein Parteichef für das Amt.

Die "finale Mülltonne"

Auch ohne diesen Posten kann der Philosophieprofessor auf eine Reihe von Leistungen zurückblicken. Die Linkspartei schaffte unter Biskys Führung eine ganze Reihe von Wahlsiegen, gekrönt durch den Wiedereinzug in den Bundestag. Er vermochte es, die Partei zu einen, und schwor die Genossen auf ein Zusammengehen mit der Wahlalternative Arbeit und soziale Gerechtigkeit (WASG) ein. Bisky, der sich selbst einmal als "finale Mülltonne" der PDS bezeichnet hatte, genoss den Erfolg in den eigenen Reihen.

2003 ließ sich Bisky auf Drängen der Genossen noch einmal zum Parteivorsitzenden wählen. Dieses Amt hatte er bereits von 1993 bis 2000 inne. Die PDS war zerrissen von Flügelkämpfen und drohte in der Bedeutungslosigkeit zu versinken. Bisky ließ damals nie einen Zweifel daran, dass er sich selbst als "Notlösung" sah. Eigentlich wollte der Kulturwissenschaftler wieder an der Filmhochschule Potsdam-Babelsberg lehren, deren Rektor er zu DDR-Zeiten war. Ruhig und mit sicherem Gespür schaffte Bisky aber das Comeback der Genossen.

IM oder kein IM?

Bisky ist kein "gelernter" Politiker. Von 1986 bis 1990 leitete er die angesehene Hochschule. Seine ehemaligen Studenten schwärmen noch heute von ihm, weil er Freiräume geschafft haben soll, wie es sie sonst im sozialistischen Staatsbetrieb nicht gab. Später erzählte Bisky, dass diese Zeit die schönste in seinem Leben gewesen sei. 1990 saß Bisky für die PDS in der Volkskammer und wurde im gleichen Jahr in den brandenburgischen Landtag gewählt. Drei Jahre später war er Parteivorsitzender.

Eine Tätigkeit als Informeller Mitarbeiter der Staatssicherheit konnte Bisky nie nachgewiesen werden. Seine Frau Almuth, ebenfalls Kulturwissenschaftlerin, hatte eine IM-Tätigkeit zugegeben. Bekannt ist der Name Bisky auch in der Kulturszene. Sohn Norbert Bisky ist ein erfolgreicher Maler. Sogar im MoMA in New York hängen seine Bilder. Außerdem zählte er zu den Unterstützern von Gerhard Schröder im Wahlkampf. Ein weiterer Sohn Jens ist erfolgreicher Journalist und veröffentlichte im vergangenen Jahr ein Buch über seine Familie.

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Susann Kreutzmann / AP