Reform "Bittere Einschnitte" für die Bundeswehr

Verteidigungsminister Peter Struck hat dem Kabinett die neuen Richtlinien für die Bundeswehr vorgestellt. Darin wird der Abschied von der Landesverteidigung und der Wandel der Streitkräfte zur Armee im internationalen Einsatz festgeschrieben.

Verteidigungsminister Peter Struck (SPD) hat dem Kabinett die neuen Richtlinien für die Bundeswehr vorgestellt. Darin wird der Abschied von der reinen Landesverteidigung und der Wandel der Streitkräfte zur Armee im internationalen Einsatz sowie die Erhalt der Wehrpflicht festgeschrieben. Am Mittwochmorgen informierte Struck in Berlin den Verteidigungsausschuss des Bundestages über Standortschließungen in mehreren westdeutschen Bundesländern. Struck selbst spricht dabei von «bitteren Einschnitten».

Grüne und FDP forderten unterdessen erneut die Abschaffung der Wehrpflicht. Grünen-Verteidigungsexperte Winfried Nachtwei sagte im ARD-«Morgenmagazin», man bleibe dabei, auch wenn Struck die Wehrpflicht in den neuen Richtlinien verankert habe. «Wir prüfen das Für und Wider und das Wider wird immer stärker.» Für den FDP- Politiker Jörg van Essen sind die Richtlinien zwar «ein Schritt in die richtige Richtung». Im Deutschlandfunk beklagte aber auch er das Festhalten an der Wehrpflicht: «Wenn der Schwerpunkt der Bundeswehraufträge die Auslandseinsätze sind, dann können wir die Wehrpflichtigen dabei nicht einsetzen.»

Die Richtlinien in Stichworten:

Auftrag

Die herkömmliche Landesverteidigung gegen einen konventionellen Angriff als allein strukturbestimmende Aufgabe der Bundeswehr entspricht nicht mehr den aktuellen Erfordernissen. Für die Bundeswehr stehen Einsätze zur Konfliktverhütung und Krisenbewältigung sowie zur Unterstützung von Bündnispartnern, auch über das Bündnisgebiet hinaus, im Vordergrund. Künftige Einsätze lassen sich wegen des umfassenden Ansatzes zeitgemäßer Sicherheits- und Verteidigungspolitik und ihrer Erfordernisse weder hinsichtlich ihrer Intensität noch geographisch eingrenzen.

Wehrpflicht

Die Allgemeine Wehrpflicht bleibt in angepasster Form für Einsatzbereitschaft, Leistungsfähigkeit und Wirtschaftlichkeit der Bundeswehr unabdingbar. Die Landesverteidigung bleibt Aufgabe der Bundeswehr gegen eine derzeit zwar unwahrscheinliche, aber nicht auszuschließende bedrohliche Entwicklung. Sie kann den Einsatz deutlich umfangreicherer Streitkräfte erfordern. Die zusätzlichen Kräfte können zeitgerecht wieder aufgestellt werden. Diese Rekonstruktion wird vor allem durch die Wehrpflicht sichergestellt.

Sicherheit und Verteidigung

Bewaffnete Einsätze der Bundeswehr mit Ausnahme von Evakuierungs- und Rettungsoperationen werden nur gemeinsam mit Verbündeten und Partnern im Rahmen der Vereinten Nationen, NATO und EU stattfinden. Die Europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik (ESVP) ist kein Ersatz, sondern eine notwendige Ergänzung zur NATO. Die transatlantische Partnerschaft bleibt die Gundlage für die Sicherheit Deutschlands. Ohne die USA gibt es auch künftig keine Sicherheit in und für Europa. Der UN-Sicherheitsrat trägt die Hauptverantwortung für die Wahrung des Weltfriedens.

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

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Bundeswehr im Inland

Wegen der gewachsenen Bedrohung Deutschlands durch Terror-Angriffe gewinnt der Schutz von Bevölkerung und Territorium an Bedeutung und stellt zusätzliche Anforderungen an die Bundeswehr im Inland dar. Auch wenn dies vorrangig eine Aufgabe für Kräfte der inneren Sicherheit ist, werden die Streitkräfte im Rahmen der geltenden Gesetze immer dann zur Verfügung stehen, wenn nur sie über die erforderlichen Fähigkeiten verfügen.

Recht

Die Vereinbarkeit internationaler Einsätze mit der Verfassung ist durch das Bundesverfassungsgericht und den Bundestag bestätigt worden. Die Verpflichtung Deutschlands zur schnellen militärischen Reaktionsfähigkeit im Rahmen von NATO und EU macht eine ebenso schnelle politische Entscheidungsfähigkeit auf nationaler Ebene unabdingbar. GEFAHREN: Die Weiterentwicklung von Massenvernichtungswaffen in Verbindung mit weit reichenden Trägermitteln kann auch Europa bedrohen.

Kapazitäten und Finanzen

Die Finanzmittel werden künftig vor allem zur Erfüllung der militärischen Kernfähigkeiten eingesetzt. Die bisherigen Rahmenvorgaben für Anzahl und Umfang von möglichen Operationen werden überprüft und angepasst, um die hohe Belastung, in teilen Überbelastung der Einsatzkräfte abzubauen.

DPA