Der CSU-Sozialexperte Horst Seehofer hält an seinen Bedenken gegen das Gesundheitskonzept der Union fest. Man müsse als Politiker zwar teamfähig sein und Kompromisse schließen können, sagte Seehofer am Donnerstag im ARD-«Morgenmagazin». Wenn es aber um prinzipielle Weichenstellungen der Gesellschaftspolitik gehe - «Privatisierung oder solidarische Bürgerversicherung» - «da finde ich, muss man eigenes Rückgrat haben», sagte der CSU-Politiker.
Kritik hat ihn nicht getroffen
Die jüngste Kritik aus den Reihen der Union habe ihn nicht getroffen, sagte Seehofer. Vor allem Unions-Fraktionsvize Friedrich Merz (CDU) habe in seinem Aufgabengebiet genug zu tun und sollte «seine Zeit nicht vergeuden, sich mit mir zu beschäftigen». Wenn der bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) oder CDU-Chefin Angela Merkel Kritik an ihm geäußert hätten, «dann hätte mich das getroffen», sagte der CSU-Sozialexperte.
Seehofer hatte am Wochenende Kernpunkte des Unionsvorschlags zur Gesundheitsreform kritisiert. Den entscheidenden Sitzungen seiner Fraktion blieb der ehemalige Gesundheitsminister fern. Auch an der Bundestagsberatung zur rot-grünen Gesundheitsreform nahm er am Mittwoch nicht teil.
Streit entschärfen
Am Mittwochabend hatte Seehofer noch erklärt, den Streit über das Gesundheitskonzept der Union entschärfen zu wollen. «Jetzt ist der Diskussionspunkt ausgestanden. Jetzt schauen wir ab morgen nach vorne», sagte er im ZDF-«heute-journal». Am Nachmittag hatte der Unions- Fraktionsvize erneut harsche Kritik an den Plänen geübt und war damit in der Fraktionsspitze teilweise auf Unverständnis gestoßen.
Im ZDF sagte Seehofer, er trage die Pläne, die Fraktionschefin Angela Merkel (CDU) am Mittwoch im Bundestag vorgestellt habe, weitgehend mit. Bei der Herausnahme des Zahnersatzes aus dem Katalog der gesetzlichen Krankenversicherung sei er weiter anderer Meinung. «Aber wir werden jetzt nicht jeden Tag die unterschiedlichen Meinungen austragen», erklärte er.
Seehofer wollte sich nicht darauf festlegen, ob er bei den nun kommenden Gesprächen mit SPD und Grünen über die Gesundheitsreform - wie vorgesehen - Verhandlungsführer der Union sein werde. «Wenn ich es bin, ist’s schön, wenn nicht, ist’s auch schön», sagte er.

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Verständigung auf schnelle Einigung
Rot-Grün und die Union hatten am Mittwoch im Bundestag vereinbart, sich möglichst schnell zu einigen. Die CDU-Vorsitzende und Unions- Fraktionschefin Angela Merkel akzeptierte am Mittwoch ein Angebot des SPD-Fraktionsvorsitzenden Franz Müntefering, nach einem gemeinsamen Verfahren zu suchen.
Blockade der Reform möglich
Die Sozialminister der unionsgeführten Länder drohten mit einer Blockade der Gesundheitsreform, sollte das Gesetz in zustimmungs- und nicht zustimmungspflichtige Teile aufgespalten werden. «Wenn Teile des Gesetzes am Bundesrat vorbeigeleitet werden sollten, ist Blockade angesagt», sagte Baden-Württembergs Sozialminister Friedhelm Repnik (CDU). Bislang sind solche Pläne der Bundesregierung jedoch nicht bekannt.
Höhere Kosten für den Bürger
Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) rechnet damit, dass die Gesundheit für die Bürger immer teurer wird. «Wir müssen offen und ehrlich sagen: In den nächsten Jahren steigen die Aufwendungen jedes Einzelnen für Gesundheit weiter», sagte der CDU- Vize der «Neuen Presse» (Hannover/Donnerstag). Zugleich verteidigte er das Unions-Modell. «Patienten, die den Arztbesuch zu zehn Prozent selbst zahlen, verhalten sich kostenbewusster.» Zudem werde der Wettbewerb gefördert: «Ein Arzt, der den Gesundheitszustand schnell herstellt, wird den vom Markt verdrängen, der ständig nachbehandeln muss und Kosten für den Kranken verursacht.»
Keine falschen Versprechungen
Der Vorsitzende Barmer Ersatzkasse Eckart Fiedler appellierte an die Parteien, bei der Gesundheitsreform möglichst schnell zu einer Einigung zu kommen. Gleichzeitig warnte er davor, den Menschen eine schnelle Beitragssenkung auf 13 Prozent zu versprechen. Trotz der angekündigten «Grausamkeiten» werde es mittelfristig bei rund 14 Prozent Beitrag in der gesetzlichen Krankenkasse bleiben, sagte er der Chemnitzer «Freien Presse».