Reformen "Das wird Opfer erfordern"

Die Debatte über das Reformprogramm von Bundeskanzler Gerhard Schröder ist eröffnet - Kurz vor seiner Regierungserklärung am Freitag liegen seine Eckpunkte jetzt auf dem Tisch.

"Es wird noch ein paar Überraschungen geben." Mit diesen Worten soll Bundeskanzler Gerhard Schröder am Dienstag vor der SPD-Fraktion das Referat über seine Reformpläne beendet haben. Wenige Tage vor seiner Regierungserklärung mit dem Titel "Mut zum Frieden - Mut zur Veränderung" wollte der SPD-Vorsitzende selbst der eigenen Mannschaft noch nicht alle Einzelheiten verraten.

Eckpunkte stehen fest

Die Eckpunkte gab er jedoch bekannt und eröffnete damit auch die öffentliche Debatte darüber. Im wesentlichen besteht das Reformprogramm Schröders aus drei Kernelementen: Konjunkturprogramm für Kommunen und Wirtschaft, Flexibilisierung des Arbeitsrechts, Umbau der Sozialsysteme. "Das wird Opfer erfordern", verkündete der Kanzler. Hier die Grundzüge seiner Reformpläne:

Konjunkturprogramm:

Mit zinsverbilligten Krediten von 15 Milliarden Euro - je zur Hälfte für Wohnungssanierungen und kommunale Projekte - soll die Konjunktur wieder in Schwung gebracht werden. Zudem soll es zwei Milliarden Euro Direkthilfe für die Kommunen geben. Finanziert werden soll das Programm über die Kreditanstalt für Wiederaufbau, neue Schulden sollen nicht gemacht werden. Der Deutsche Städte- und Gemeindebund sieht die Maßnahmen als Tropfen auf den heißen Stein. Die geplanten zwei Milliarden Euro Direkthilfe reichten keinesfalls aus, um die finanziell angeschlagenen Städten und Gemeinden spürbar zu entlasten. Echte wirtschaftliche Effekte ließen sich nur mit einem Sofortprogramm von rund zehn Milliarden Euro erzielen.

Arbeitslosenhilfe:

Die Arbeitslosenhilfe soll offenbar stärker gekürzt werden als bisher angenommen. Bei der geplanten Fusion mit der Sozialhilfe soll sie auf deren Niveau abgesenkt werden. Gleichzeitig soll es aber bei zusätzlichen Verdiensten bis zu einer gewissen Höhe keine Leistungskürzungen geben. Im Gespräch ist auch, die Bezugsdauer des Arbeitslosengelds von maximal 32 Monaten auf zwölf bis 18 Monate zu senken. Bei einem solchen Vorhaben wäre Schröder der Widerstand der SPD-Linken sicher. "Ich halte davon gar nichts", sagt der Chef des SPD-Arbeitnehmerflügels, Ottmar Schreiner. Auch der stellvertretende Fraktionschef Michael Müller wandte sich laut "Berliner Zeitung" gegen "plumpe Sparmaßnahmen": "Die SPD-Linke wird auf keinen Fall mitmachen, wenn der Sozialstaat zum Sozialhilfestaat degradiert wird."

Kündigungsschutz:

Im Kündigungsfall soll den Arbeitnehmern künftig überlassen werden, ob sie sich für eine Kündigungsklage oder eine Abfindung entscheiden. Ob es bei dieser Flexibilisierung des Kündigungsschutzes bleibt, gilt noch als offen. Im Gespräch sind weiterhin Überlegungen von Wirtschaftsminister Wolfgang Clement, die Regelung aufzuweichen, nach der der Kündigungsschutz für alle Betriebe ab sechs Mitarbeitern gilt. Mehrere Zeitungen berichteten bereits, Schröder sei auf diese Linie eingeschwenkt. Auch damit würde er den Ärger der SPD-Linken und der Gewerkschaften auf sich ziehen.

Krankenversicherung:

Der Leistungskatalog der Krankenkassen soll nach den Vorstellungen Schröders eingeschränkt werden. Leistungen, die "nicht zwingend zu einer Behandlung von Krankheiten gehören", sollen ausgekoppelt werden. Dass der Zahnersatz nicht dazu gehört, steht inzwischen fest. Offen ist allerdings, wie es sich etwa mit der Versicherung privater Unfälle verhält.

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

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Pflege und Rente:

Bis zum Sommer sollen die Vorschläge Schröders zu den Bereichen Arbeitsmarkt, Gesundheit und Gemeindefinanzen gesetzlich umgesetzt werden. Die Bereiche Pflege und Rente sind erst im Herbst an der Reihe. Dabei sollen die Ergebnisse der von der Regierung eingesetzten Rürup-Kommission zur Reform der Sozialsysteme berücksichtigt werden.

DPA