Auf Bürger und Wirtschaft kommen weitere Einschnitte zu. Rentner sind davon nicht ausgenommen. Das haben Bundeskanzler Gerhard Schröder und Finanzminister Hans Eichel am Donnerstag als Teil weiterer Reformen angekündigt. Dabei soll "Altersarmut" jedoch vermieden werden, sagte Eichel einen Tag nach den Kabinettsbeschlüssen zur Reformagenda 2010. Jetzt werden Härten für Alleinerziehende nicht nur im steuerlichen Bereich, sondern auch bei der Sozialhilfe gemildert. Eichel wandte sich gegen einen Vorstoß der Grünen, die Ökosteuer weiter zu erhöhen.
Zitat
"Die verteilende Sozialpolitik ist an ihr Ende gekommen."
Bundeskanzler Gerhard Schröder am 14.08.03
"Das, was wir verteilen können, ist weniger geworden"
Angesichts der anhaltenden Kritik an den Reformen und der Lastenverteilung zwischen den staatlichen Ebenen warnte Schröder die Union vor einem starren Nein zu Steuer-, Sozial- und Arbeitsmarktgesetzen und forderte ihre Mitarbeit. "Das, was wir verteilen können, ist weniger geworden und muss härter erarbeitet werden", sagte Schröder dem Nachrichtensender N24. Unter den wirtschaftlichen Bedingungen müsse geklärt werden, "was wir uns im sozialen Bereich noch leisten können und wo wir überfordert sind". Auch die SPD müsse umdenken und erkennen, "das sich der Inhalt dessen, was sozial ist, verändert hat". Schröder: "Auch die Rentnerinnen und Rentner werden Ansprüche zurücknehmen müssen." Die Bundesregierung will den Rentenbeitrag bei 19,5 Prozent stabil halten.
Wie Eichel forderte Schröder mehr Spielraume für Investitionen, Bildung, Forschung und Entwicklung. Zugleich sprach er nach dreijähriger Talfahrt, die zur Stagnation geführt habe, von ersten konjunkturellen Aufschwungsignalen. Die Opposition bestritt Eichels Wachstumsprognose von 2 Prozent für 2004. Der CDU/CSU-Finanzsprecher Michael Meister nannte höchstens 1 Prozent realistisch und forderte entsprechende Neuberechnungen für die jetzt verabschiedeten Gesetze. Allein die Wachstumshalbierung würde nur das Defizit im Bundeshaushalt um 3 Milliarden Euro erweitern. Zugleich lehnte Meister den geplanten Abbau der Pendlerpauschale und der Eigenheimzulage ab, die Eichel als überflüssige Subventionen abtat.
Eichel: Weitere Einsparungen erforderlich
Im Finanzstreit mit den Ländern bekräftigte Eichel Überlegungen, den im nationalen Stabilitätspakt festgelegten Defizit-Schlüssel zwischen Bund und Ländern/Kommunen von 45 zu 55 Prozent auf je 50 Prozent festzulegen. Er verwies zugleich auf die veranschlagten Einsparungen im Bundeshaushalt 2004 von rund 14 Milliarden Euro und im gesamtstaatlichen Haushalt von 23 Milliarden Euro. Nur so sei es möglich, die Steuerreform mit einer Entlastung für den Bürger von insgesamt gut 15 Milliarden Euro vorzuziehen. Weitere Einsparungen seien erforderlich. Sollten die Regierungschefs von Nordrhein- Westfalen und Hessen, Peer Steinbrück (SPD) und Roland Koch (CDU) es nicht schaffen, einen entsprechenden weiteren Subventions-Abbau vorzulegen, werde er dies selbst tun, sagte Eichel.
Alleinerziehende sollen entlastet werden
Ein neuer steuerlicher Freibetrag von 1300 Euro soll "echte" Alleinerziehende entlasten, die allein mit ihren Kindern und ohne Partner zusammen leben. Damit soll ein Ausgleich für Nachteile durch die Steuerreform ausgeglichen werden. Dies kostet den Staat 300 Millionen. Außerdem sollen Härten in Folge der Sozialhilfereform gemildert werden.

Das Wichtigste aus der Bundespolitik auf einen Blick
Abonnieren Sie unseren kostenlosen Hauptstadt-Newsletter – und lesen Sie die wichtigsten Infos der Woche, von unseren Berliner Politik-Expertinnen und -Experten für Sie ausgewählt!
Die CDU-Ministerpräsidenten von Hessen und Thüringen, Roland Koch und Dieter Althaus, nannten die Reformvorschläge erneut mangelhaft. "Die Regierung hat es gestern nicht geschafft, einen Impuls zu geben", sagte Koch im Deutschlandfunk. Steinbrück und die Regierungschefin von Schleswig-Holstein, Heide Simonis, verlangten Nachbesserungen am Reformpaket.
Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt kündigte in der "Thüringer Allgemeinen" an, es werde noch starke Änderungen an dem Gesetz geben. Ihre Ko-Vorsitzende Krista Sager verteidigte im NDR den Reformkurs. Die Grünen stünden voll hinter der großen Linie der Pläne. Allerdings wollten sie die Reformen im Bundestag genau prüfen.
Grüne fordern Anhebung der Ökösteuer
Der umweltpolitische Sprecher der Grünen-Fraktion, Winfried Hermann, hatte wegen der heraufziehenden Klimakatastrophe eine weitere Erhöhung der Ökosteuer um einen oder zwei Cent verlangt. Parallel drohte Umweltminister Jürgen Trittin (Grüne) der Industrie mit der Abschaffung von Ausnahmenregelungen bei dieser Steuer, wenn sie nicht den Kohlendioxid als Klimakiller verstärkt abbauen. Eichel und die Fraktionsführung der SPD warnten vor einer Steuerdiskussion.