Reformstreit Müntefering: Kanzler Schröder wird nicht stürzen

Bundeskanzler Schröder wird den SPD internen Streit unbeschadet überstehen, meint Fraktionsvorsitzender Müntefering. Es gebe es keine Parallelen zur Lage des 1982 gestürzten Kanzlers Schmidt.

Der SPD interne Streit über die Reformpläne wird Bundeskanzler und Parteichef Gerhard Schröder nach den Worten des Fraktionsvorsitzenden Franz Müntefering nicht nachhaltig schaden. Müntefering sagte, es sei zwar eine schwierige Zeit, doch gebe es keine Parallelen zur Lage des 1982 gestürzten Kanzlers Helmut Schmidt. "Geschichte wiederholt sich nicht. Ich bin sicher, dass die SPD zusammen mit den Grünen diese Koalition weiterführt."

Schmidt hatte vor Sturz gewarnt

SPD-Fraktionsgeschäftsführer Wilhelm Schmidt hatte die Kritiker vor einem Sturz Schröders gewarnt und die Lage mit der des Jahres 1982 verglichen. "Wir stecken in einer vergleichbaren Phase. Nur das Thema ist anders", sagte Schmidt in einem Interview. Die SPD-Linke hat im Reformstreit den Ton noch einmal verschärft, obwohl Schröder seine politische Zukunft mit den Kürzungsplänen verknüpft hat.

"Fehdehandschuh geworfen"

SPD-Vorstandsmitglied Andrea Nahles sagte der "Berliner Zeitung", Schröder und Wirtschaftsminister Wolfgang Clement hätten mit den Sparvorschlägen "den Fehdehandschuh geworfen". Weitere Linke forderten den SPD-Chef auf, die Parteibasis nicht zu missachten.

SPD-Fraktionschef Franz Müntefering bestellte am Montagabend jene zwölf Abgeordneten für Dienstag ein, die ein Mitgliederbegehren gegen die Reformpläne unterzeichnet hatten. Zuvor hatte der Kanzler nach langer Ablehnung dem Ruf nach einem Sonderparteitag nachgegeben.

Beim Parteitag am 1. Juni in Berlin geht es nach den Worten von SPD-Generalsekretär Olaf Scholz auch um die Regierungsfähigkeit der SPD. Dabei werde die an der Basis massiv kritisierte Agenda 2010 in einem "kurzen, klaren Antrag" als Ganzes zur Abstimmung gestellt.

IG-Bau-Chef Klaus Wiesehügel (SPD) warnte Schröder davor, die Abstimmung mit der Machtfrage zu verknüpfen. "Ein kluger Parteivorsitzender wird zur Agenda 2010 keine Vertrauensfrage stellen, wenn er erkennen muss, dass eine breite Basis diese Pläne ablehnt", sagte Wiesehügel.

Chancen für Kritiker stehen gut

Nahles will jedoch keinesfalls aufgeben. "Entweder man kapituliert, und das werden wir nicht tun - oder man nimmt die Konfrontation an", sagte Nahles der "Berliner Zeitung". Nach Ansicht von Rüdiger Veit, Mitinitiator des Begehrens, stehen die Chancen für die Kritiker gut. "Ich habe keinen Zweifel, dass weit mehr als zehn Prozent der SPD-Mitglieder unsere Forderungen unterstützen", sagte er dem Berliner "Tagesspiegel". Er betonte jedoch, dass man damit "keinesfalls den Kanzler stürzen" wolle.

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

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Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (SPD) sieht in dem Parteitag keine Gefahr für Schröder. "Es kann nicht Sinn einer solchen Veranstaltung sein, die eigene Regierung zu demontieren", sagte er. Man müsse die Agenda 2010 einfach der eigenen Partei nochmal erklären, dann werde sie die notwendigen Änderungen auch verstehen. Niedersachsens Ex- Ministerpräsident Sigmar Gabriel sagte, die Debatte werde von beiden Seiten überzogen.