Er hat es wieder getan: ein Zerstörungsvideo. 13 Minuten lang nimmt Rezo die deutsche Corona-Politik auseinander, in einem Livestream rantet – wie man im Internet sagt – der Youtuber scheinbar spontan gegen Bundesregierung und Ministerpräsidenten. Seine Abrechnung, am Ostermontag auf Youtube hochgeladen, haben bereits hunderttausende User gesehen. (Lesen Sie hier: "Das tut körperlich weh, wie dumm das ist": Youtuber Rezo rechnet mit Corona-Politik ab)
Vielen von ihnen spricht Rezo aus der Seele, wenn er den führenden Politikern des Landes unter anderem "Arbeitsverweigerung" und "Wissenschaftsfeindlichkeit" vorwirft. Das lässt sich an den Kommentaren zu dem Video ablesen. Aber auch weit darüber hinaus hat Rezo eine Stimmung in Worte gefasst, die sich durch ganz Deutschland zieht. Das Vertrauen in die Politik schwindet immer mehr dahin, je länger die Pandemie dauert. Im Gegenzug wachsen Wut und Enttäuschung, auch bei jenen, die in der Krise die Regierenden lange verteidigt haben.
Laut Deutschland-Trend der ARD sind vier Fünftel der Deutschen unzufrieden mit der Corona-Politik von Bundes- und Landesregierungen. Zu lange schwankten die Verantwortlichen zwischen Lockerungen und schärferen Maßnahmen hin und her und machten Versprechungen, die sie nicht halten konnten. Stattdessen bereicherten sich manche Abgeordnete sogar noch an Masken und Schnelltests.
Über Impfstoff und Kommunikation hat Rezo noch gar nicht gesprochen
Das alles meint Rezo, wenn er die deutsche Corona-Politik als "Lowbob-Verein" oder "whack" bezeichnet. Damit fasst er in jugendsprachliche Worte, was viele Deutsche denken und fühlen – auch wenn sie es sicherlich anders als der Youtube-Star ausdrücken würden. An dem Corona-Management in Deutschland lässt Rezo kein gutes Haar. Und die Regierenden können eigentlich nur hoffen, dass der Youtube-Star nicht noch ein zweites Video nachlegt. Denn im Endeffekt war die 13 Minuten lange Abrechnung noch gnädig – vom fehlenden Impfstoff, den ausbleibenden Staatshilfen oder der katastrophalen Kommunikation hat Rezo noch nicht einmal angefangen.
Die Liste der Fehler, die in der Corona-Krise gemacht wurden, ist lang. Mittlerweile ist es kaum noch zu vermitteln, dass Deutschland doch ganz gut durch die Pandemie gekommen sei, wie einige Politiker immer noch behaupten. Was Rezo mit drastischen Worten zusammenfasst, wird für die Bürger immer klarer: Die Politik dreht sich bei der Corona-Bekämpfung im Kreis, und zwar auf allen Ebenen. Das bedeutet keinesfalls, dass es in dieser Zeit einfach wäre, Entscheidungen zu treffen. Doch beispielsweise Armin Laschet hat ein Osterfest lang für einen Vorschlag gebraucht, den Virologen und informierte Laien schon seit Wochen verfechten. Wenn Ministerpräsidenten derart sehenden Auges ins Verderben rennen, indem sie wissenschaftliche Erkenntnisse ignorieren, kann man schon einmal die Nerven verlieren.

Vertrauen in die Politik geht auf allen Seiten verloren
Vor allem CDU und CSU bekommen bei Rezo die volle Breitseite ab, auch wenn sich andere Parteien ebenfalls nicht mit Ruhm bekleckern. Bei der Union weiß man, welche Schlagkraft solche Videos, die sich im Netz verbreiten, haben. "Die Zerstörung der CDU" kostete die Partei bei der Europawahl 2019 einige Stimmen. Doch nicht nur aus Eigennutz sollten die Parteien ein halbes Jahr vor der Bundestagswahl die Kritik sehr ernst nehmen. Sie zeigt nämlich, wie die alteingesessenen Berufspolitiker in Deutschland mehr und mehr auf verlorenem Posten stehen.
An allen Fronten geht in der Pandemie das Vertrauen verloren. Nicht nur bei Querdenkern, Maskengegnern oder solchen, die schon vor Corona die etablierten Parteien ablehnten. Die Wut-Rede von Rezo drückt die Fassungslosigkeit der anderen Seite aus, von jenen, die seit gut einem Jahr vorsichtig und vernünftig sind, denen die Maßnahmen nicht weit genug gehen (48 Prozent laut Deutschlandtrend) und die das schlechte Pandemie-Management mit zunehmendem Ärger verfolgen. Wenn von allen Seiten das Vertrauen in die Kompetenz und Integrität der Politiker erodiert, dann könnte das eine Krise auslösen, die noch viel größer als Corona ist.