Saar-Chef Müller legt sein Amt nieder Ein Rückzug, der ein Kuhhandel ist

  • von Hans Peter Schütz
Peter Müller legt zu Recht sein Amt als saarländischer Ministerpräsident nieder. Es ist weniger dieser Rückzug als sein möglicher neuer Job am Verfassungsgericht, der zu denken gibt.

Wohlwollendes Kopfnicken dürfte die überwiegende Reaktion sein, mit dem die Saarländer die Nominierung von Annegret Kramp-Karrenbauer als künftige Ministerpräsidentin zur Kenntnis nehmen.

Und selbst Sozialdemokraten und Linkspartei müssten sich im Prinzip mit überlauter Kritik zurückhalten gegenüber der Frau, die im Laufe des Jahres zur dritten Ministerpräsidentin eines Bundeslandes gekürt werden wird. Schließlich war es ein gewisser Oskar Lafontaine, der sie in den achtziger Jahren als Ministerpräsident in den saarländischen Landesdienst übernommen hat. An der Saar kennt nun mal jeder jeden.

Die Frau ist nüchterne Praktikerin

Die kommende Saar-Chefin beherrscht ihr politisches Handwerk. Ein Jahrzehnt schon in Ministerämtern, das zählt auch im Mini-Staat Saarland, wo politische Spitzenfunktionen eher den Zuschnitt einer großen Landkreisverwaltung haben. Die Frau ist nüchterne Praktikerin. Und größere personelle Auswahl hatte die CDU ohnehin nicht, denn an der Saar sind die politischen Talente dieser Partei noch dünner gesät als anderswo.

Im Übrigen kann nur eine Pragmatikerin wie Kramp-Karrenbauer das CDU-FDP-Grüne Wahlbündnis in Saarbrücken vielleicht doch noch zu halbwegs vorzeigbarer Politik führen. Die CDU dort leidet noch immer an den depressiven Folgen der schweren Wahlniederlage von 2009; und ihr Ministerpräsident Müller spielte zuletzt auf der Regierungsbank im Landtag lieber Computerschach als zu von dort aus zu regieren. Die Liberalen sind intern miteinander tief zerstritten, die Grünen ebenso. Die neue Chefin hat daher vor allem eine Aufgabe: Den wackligen Laden zusammenhalten, denn bei Neuwahlen wäre er garantiert weg.

Gesucht: Ein schöner Ausweichjob

Was den Wechsel an der Saar dennoch zum politischen Ärgernis macht, ist die Person Peter Müller. Ohne die gewohnte absolute Mehrheit hatte er keinen Bock mehr auf die mühsam gewordene politische Gestaltung. Also wurde ein schöner Ausweichjob gesucht - etwa ein Richteramt am Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe. Darauf wird es zum Jahresende wohl hinauslaufen, selbst wenn derzeit nur von einer "Option" fürs künftige Berufsleben Müllers die Rede ist.

Zwar war Müller früher einst ein erstklassiger Jurist, ehe er ins politische Geschäft einstieg. Aber muss denn einer, der dort in der Schlüsselfunktion des Ministerpräsidenten tätig war, nach Karlsruhe in die schmucke Robe eines Verfassungsrichters entsorgt werden? Es liegt nicht im Sinn unserer Verfassung, dass etwa am Dienstag ein Richter über Streitfragen entscheidet, die er noch am Montag als Politiker strikt verteidigt hatte. In Karlsruhe muss zum Beispiel in absehbarer Zeit über die Klage der reichen Geberländer im Länderfinanzausgleich entschieden werden, die sich von den armen Nehmerländern wie dem Saarland abgezockt fühlen.

Früher beklagte sich die CDU in solchen Fällen lautstark

Zwischen den Wechseln von Führungsämtern der Politik in die oberste Etage des Rechtsstaats sollte eine Sperrfrist von ein paar Jahren liegen. Es war ja ausgerechnet die CDU, die am lautesten tobte, als die SPD ihre Politikerin Herta Däubler-Gmelin zur Vizepräsidentin des Verfassungsgerichts machen wollte. So eine Person könne doch nie und nimmer die notwenige Unbefangenheit in dieses Amt mitbringen, beschwerte sie sich. Bei Müller ließe sich das genau so beklagen. Tut die SPD aber nicht, weil sie zuletzt die Rechtsprofessorin Gabriele Britz in Absprache mit der Union in Karlsruhe unterbringen durfte.

Nennen wir also den bevorstehenden Wechsel Müllers ans Verfassungsgericht, was er ist: Ein gehobener politisch-juristischer Kuhhandel, der einen kommoden politischen Rückzug schönen soll.