Na servus. Kennen Sie das Münchner P1? Richtig, das ist die Nobeldisko am Haus der Kunst, direkt am Englischen Garten gelegen, in unmittelbarer Nachbarschaft zum Eisbach, nur einen Steinwurf entfernt von der Bayerischen Staatskanzlei. Das P1 war dereinst das Kürzel für die Münchner Schickimicki- und Bussibussi-Gesellschaft, Laufsteg und Treffpunkt einer schillernden, bisweiligen etwas billigen Neureichenelite, die von Boris Becker bis Oliver Kahn reichte. Exklusiv war das P1 dabei immer, die strenge Auswahl der Türsteher legendär. Wer reinkam, war, frei nach Helmut Dietls "Kir Royal", drin. In der Society. In der großen, weiten Welt Munich Style, die ja bekanntermaßen das geistig-kulturelle Epizentrum Bayerns ist.
Am nächsten Dienstag werden ganz viele Leute drin sein, im P1. Genau genommen werden es 2500 sein, glaubt man der Pressestelle der CSU. Das P1 wird zum Volksfestplatz. Dabei werden weniger A-, B-, C-, und D-Promis ins "Oanser" drängen. Nein, es werden die FOHS sein, die Friends of Horst Seehofer, seine Facebook-Bekanntschaften. Von acht am Abend bis um drei Uhr morgens soll gefeiert werden, mit, laut CSU-Pressestelle, "angesagter bayerischer Szene-Band", einem DJ, der nach CSU-Bekunden auch internationale Hits spielt - und natürlich Horst Seehofer, dem CSU-Chef und bayerischen Regierungsschef. Der will sich so bei seinen Facebook-Fans bedanken. Für jeden Gast gibt's ein Freigetränk, über die Kosten der Sause schweigen sie sich in der CSU-Zentrale in der Nymphenburger Straße aus. Die erste Facebook-Party eines Spitzenpolitikers, die sie mit großen Stolz verkaufen, soll jedenfalls ein Smash-Hit der Polit-PR werden! Vergessen Sie Laptop und Lederhose, lautet die Botschaft. Jetzt heißt das Motto: "Daumen hoch. I like Seehofer."
Zeit für einen wahlkämpferischen Testballon
Nötig hat die CSU ein besseres Image allemal, gerade bei den Jüngeren. Und gerade jetzt, da die Piraten selbst in Bayern zur wahrnehmbaren Größe werden, scheint so ein Facebook-Vorstoß geboten. 2013 wird im Land und im Bund gewählt. Noch wird nicht wirklich gewahlkämpft, da kann man so einen Testballon schon mal steigen lassen. Zwar konnte Seehofers Partei laut einer Emnid-Umfrage vom April im Vergleich zu den Landtagswahlen 2008 zulegen. Aber die absolute Mehrheit ist auch laut dieser Erhebung nach wie vor futsch - und das Koalieren dürfte sich ohne FDP und mit Piraten im Parlament auch schwieriger gestalten. Die bisherige schwarz-gelbe Koalition ist zumindest laut den jüngsten Zahlen perdu.
Die Einladung zu der Seehofer-Sause, angestoßen von CSU-Zentrale und Generalsekretär Alexander Dobrindt, ist genau so erfolgt, wie es der internetaffine Mensch gerne hat: über Facebook, mit persönlicher Ansprache von Seehofer scheinbar höchstdiroselbst, garniert mit einem knackigen, voll netten Youtube-Einladungsvideo der bayerischen JU-Vorsitzenden Katrin Albsteiger. Selbst der bayerische Oberpirat Stefan Körner bezeichnete den Plan der CSU-Kollegen als "cool". Alles schön und gut und progressiv, auch wenn es schon amüsant ist, dass es sonst ja eigentlich die CSU-Oberen sind, die immer am lautesten rufen, wenn eine der berüchtigten Facebook-Partys aus Versehen aus dem Ruder läuft - wie die berüchtigte "Thessa-Party" im vergangenen Jahr in Hamburg. 2011 bezeichnete CSU-Bundesinnenminister Friedrich der "Rheinischen Post" gegenüber Facebook-Partys als "akutes Problem". "Netzwerke wie Facebook müssen hier zumindest das von ihrer Seite Mögliche tun, um Fehlbedienungen oder einen offensichtlichen Missbrauch zu verhindern."
Ihr müsst leider draußen bleiben
Aber das dürfte die Seehofers wenig scheren. Wer innovativ sein will, der muss halt Risiken eingehen. Da dürfte es dem Image nicht einmal schaden, wenn der Eindruck entstünde, dass die CSU mal alle Fünfe gerade sein lässt und ein wenig unkonventionell über die Stränge schlägt - auch wenn sich die Pressestelle natürlich tunlichst bemüht, den Unterschied zwischen Thessas und Horsts Party genau zu kommunizieren. Die Masseneinladung der Jugendlichen sei unbeabsichtigt und unangemeldet gewesen, heißt es. Die CSU habe jetzt jedoch dafür gesorgt, dass die Polizei Bescheid weiß - und in voller Absicht alle eingeladen.
Das mit den "allen" könnte nun jedoch zum Problem werden. Denn die Facebook-Seite Seehofers, der immerhin schon seit 2009 bei dem Netzwerk registriert ist, erlebt seit der Ankündigung der Party einen regelrechten Boom. Die Zahl der "Gefällt-mir"-Angaben schnellte in ungeahnte Höhen, ebenso die Zahl der Anmeldungen zu dem Fest. Am Freitagabend nun musste das "CSU-Team" auf Seehofers Seite verkünden, dass das P1 leider voll ist. Neue Anmeldungen könnten, Facebook hin oder her, leider nicht mehr berücksichtigt werden. "Wir haben offen kommuniziert, dass wir da einen Anmeldestopp haben müssen", sagt Pressesprecher Michael Strepp fast schon im transparenten Piraten-Speak. "Es wird rappelvoll werden. Aber wir freuen uns, dass das so eingeschlagen hat."
Und so wird es auch bei Horst Seehofers Facebook-Volksparty im P1 so sein, wie es im P1 eigentlich immer gewesen ist: viele, viele werden leider draußen bleiben müssen. Der Spott auf Seehofers Facebook-Seite ist groß. Die einen schlagen vor, doch in die Allianz-Arena umzuziehen, andere bieten an, vor dem P1 Thüringer Rostbratwürste zu braten. Ob die Aussperrung der Seehofer-Fans am Dienstag vor der Disko zu Tumulten führt, gar zu Polizeieinsätzen, sei dahingestellt. Dass der Innenminister im Nachhinein CSU-Chaostage am Eisbach schilt, davon dürften nicht einmal die bayerischen Sozialdemokraten fantasieren. Lustig wird's am Dienstag wahrscheinlich dennoch werden. So oder so. Na servus.
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