Sommerloch II "Wie ich König des Sommerlochs wurde"

Deutschland soll Mallorca kaufen - mit diesem Vorschlag setzte sich der CSU-Politiker Dionys Jobst 1993 ein Denkmal für die wahrscheinlich skurrilste Sommerloch-Forderung aller Zeiten. Im stern.de-Interview verrät Jobst, wie er zum ungekrönten Sommerloch-König geworden ist und welche Idee er für dieses Jahr hat.

Hallo Herr Jobst, wie geht es Ihnen?

Mir geht es gut. Ich pflege meinen Garten und gehe an der frischen Luft spazieren.

Ihnen ist also nicht langweilig?

Nein. Gerade erst habe ich herzlich über die angekündigte Kandidatur von Gabriele Pauli gelacht. Das ist ein richtig guter Gag. Die hat doch überhaupt keine Chance. Es scheint also ein klassisches Sommerlochthema zu sein. Dabei hatten einige Medienleute schon Angst, dass sie dieses Jahr keines finden. Aber die CSU hilft.

Sie sind ja ein Spezialist für Sommerlochthemen. Legendär ihre Forderung im Jahr 1993, die deutsche Regierung solle Mallorca kaufen. Wie kam es dazu?

Das ist aus einer Laune entstanden, aus einem lockeren Gespräch mit einem Reporter der "Bild"-Zeitung. Ich war damals im Ausschuss für Touristik. Im Sommer 1993 sprach ich mit dem Journalisten über die Gewohnheiten der deutschen Touristen. Auch darüber, dass über zwei Millionen Deutsche jedes Jahr auf Mallorca urlauben. Wir haben dabei gescherzt, die Insel müsste eingemeindet werden. Wir einigten uns auf den Namen Palmenhausen für Palma. Als wir dann überlegten, was Deutschland für die Insel zahlen muss, habe ich 50 Milliarden Mark vorgeschlagen.

Die "Bild" hat daraus eine Riesengeschichte gemacht, die hohe Wellen geschlagen hat. Nicht nur nach Spanien, sondern bis nach Amerika. Die große Zeitung in Großbritannien, die Sun, hat getitelt: "Wir kämpfen um jeden Liegestuhl". Selbst das spanische Königshaus hat sich eingeschaltet. Zu meiner großen Überraschung ist mein Scherz also von manchen Leuten bierernst genommen worden. Ich hatte einige Zeit damit zu kämpfen. Denn manche haben wir vorgeworfen, ich sei ein Irrer, so etwas zu fordern.

Dionys Jobst

Dionys Jobst, Jahrgang 1927. Der CSU-Politiker war von 1969 bis 1998 Mitglied des Bundestags, auch als Vorsitzender des Verkehrsausschusses.

Haben Sie sich von den Medien veräppelt gefühlt?

Der "Bild" habe ich es schon verübelt, dass sie diesen Witz so ernst genommen haben. Die Leute, die mich besser kannten, haben aber gelacht. Die wussten, dass ich so etwas nicht ernst meinte.

Hat Ihnen diese Geschichte politisch geschadet?

Nein. Aber so etwas bleibt schon haften. Ich war zehn Jahre Ausschussvorsitzender, darüber spricht heute niemand mehr. Bei meinem Namen denken die meisten Leute immer an die Mallorca-Geschichte und an die Sache mit Franz Beckenbauer.

Was war denn da genau?

Es war 1978. Deutschland hat kurz vor der Fußball-Weltmeisterschaft gegen Schweden verloren und dabei grausam gespielt. Franz Beckenbauer war nicht dabei, er war kurz zuvor zu Cosmos New York gewechselt. Am Tag nach dem Spiel habe ich darüber mit meinem Parteifreund Richard Stücklen gesprochen. Wir waren uns einig: Da muss etwas passieren.

Ich habe dann eine Anfrage formuliert. Sie lautete sinngemäß: Ist die Bundesregierung bereit, auf die amerikanische Regierung einzuwirken, dass Beckenbauer von Cosmos für die Länderspiele freigegeben wird? Wir haben noch hinzugefügt, dass diese Bitte die deutsch-amerikanischen Beziehungen natürlich nicht beeinträchtigen soll. Die Anfrage haben wir an einem Freitag eingereicht und schon abends wurde der damalige Kanzler Schmidt gefragt, ob er denn in dieser Sache tätig werden will.

Und?

Es wurde zunächst von vielen Leuten ernst genommen, war aber auch eher als Witz gemeint. Denn natürlich kann die Regierung dabei nicht tätig werden.

In jedem Sommer gibt es politische Forderungen. Aber solche, nennen wir sie mal skurril-witzigen, Vorschläge wie von Ihnen scheint heute kaum jemand zu äußern. Trauen sich Ihre Nachfolger im Bundestag nicht mehr?

Ich war immer der Meinung, zur bierernsten Politik gehört auch etwas Humor. Und ich habe schon den Eindruck, dass zu meiner Zeit öfter noch ein Witz gemacht wurde. Aber um richtig einen Sommerloch zu füllen, muss die Situation auch passen.

Was wäre denn in diesem Jahr eine gute Sommerlochforderung?

Man könnte doch fordern, dass die Fußballspieler nicht mehr auf den Rasen spucken dürfen. Aber nein, dass hat nicht genug Dampf. Mir fällt etwas Besseres ein. Es wird doch derzeit immer über die niedrige Geburtenrate in Deutschland diskutiert. Man könnte doch fordern, dass man erst in den Bundestag gewählt werden darf, wenn man mindestens drei Kinder hat.

Was ist denn für Sie die beste Sommerlochforderung aller Zeiten?

Es haben zwar über die Jahre viele Kollegen so etwas inszeniert, aber ich glaube einfach, dass meine Mallorca-Idee im Gedächtnis der Leute am besten haften geblieben ist. Ich habe von stern-TV damals sogar einen Orden verliehen bekommen.

Wenn man Sie so hört, bekommt man den Eindruck, das Sommerloch ist eher ein Segen denn ein Fluch für Politiker.

Wenn es einem gelingt, so in die Schlagzeilen zu kommen, ist es natürlich schön. Es macht Freude, wenn man den Leuten etwas bieten kann mit solchen Scherzen. Die freuen sich doch über einen gelungenen Gag. Und wenn sich jemand darüber aufregt, lacht man drüber. Aber auch wenn ich diese Forderungen nicht geäußert hätte, würde es mir heute genau so gut gehen.

Interview: Malte Arnsperger

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