Ein Mitarbeiter des AfD-Politikers und EU-Abgeordneten Maximilian Krah soll mehrfach Informationen über Entscheidungen aus dem EU-Parlament an China weitergegeben haben. Dafür wurde er nun festgenommen. Krah ist sich derweil keiner Schuld bewusst und will weiterhin als AfD-Spitzenkandidat bei der Europawahl antreten. Kritik gab es allerdings unter anderem von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD). Sollte sich der Verdacht bestätigen, handele es sich um einen "Angriff von innen auf die europäische Demokratie". Bundesjustizminister Marco Buschmann erklärte, es träfe "das Herz unserer Demokratie". Der Sprecher des chinesischen Außenministeriums bezeichnete Berichte über chinesische Spionage in Europa als Versuch, sein Land zu diskreditieren. Die Presse ist sich derweil einig:
"Lausitzer Rundschau": "Maximilian Krah droht der AfD ihren Europawahlkampf zu verhageln, noch bevor er offiziell begonnen hat. Für die Rechten ist es bereits ein eingeübtes Spiel, sich gegen Kritik und Vorwürfe aus den Medien oder von Behörden, sei sie auch noch so fundiert und gründlich zusammengetragen, zu wehren. Sie suhlen sich einfach in der Opferrolle. Doch gegen eine Institution wie den Generalbundesanwalt hat die AfD weder juristisch noch politisch eine Chance. Sie versucht (bisher) noch nicht einmal, die Vorwürfe kleinzureden. Spionage für eine formal ja immer noch kommunistische Supermacht? So verbreitet der Anti-Amerikanismus in der AfD auch ist, das können Politiker einer Partei, die sich selbst für wahnsinnig patriotisch hält, ihren Anhängern beim besten Willen nicht erklären."
"Kölner Stadt-Anzeiger": "Die AfD ist in den vergangenen Wochen zur Kenntlichkeit entstellt worden. Als eine Partei, die keine Alternative für, sondern gegen Deutschland ist. Die so offen gegen die liberale Demokratie und die westlichen Werte agitiert, dass sie dubiose Kontakte zu Autokraten und Oligarchen nicht nur duldet, sondern fördert – und nun auch noch einen massiven Spionagefall in den eigenen Reihen hat. Die Vorsitzenden Chrupalla und Weidel versuchen sich halbherzig in Schadensbegrenzung. Sie agieren plan- und ratlos. Und sie hinterlassen ein wenig schmeichelhaftes Bild von der AfD als Sicherheitsrisiko für die Bundesrepublik: eines von nützlichen Idioten."
"Ludwigsburger Kreiszeitung": "Die AfD ist nun konfrontiert mit den Geistern, die sie selbst gerufen hat. Sie hat Figuren angezogen, die die Demokratie in Deutschland verachten und sich stattdessen Diktaturen und Menschenschinder-Regimen wie in Russland und Peking verbunden fühlen. AfD-Leute aus Bayern haben sich als 'Wahlbeobachter' vor Kremlherr Wladimir Putins Karren spannen lassen, Bystron soll sich bei russischen Geldgebern beschwert haben, dass er mit den großen Scheinen nicht an der Tankstelle bezahlen kann, und Björn Höcke aus Thüringen muss sich vor Gericht verantworten, weil er die verbotene SA-Losung rausgehauen hat. Alles bösartige Intrigen? Das kaufen die Wähler, so zeigen die Umfragen, der AfD immer weniger ab."
"Frankfurter Allgemeine Zeitung": "Wenn der nicht extremistische Teil der AfD recht hätte, dass die Partei den Etablierten moralisch überlegen sei, weil sie wahre Patrioten mit weißer Weste versammele, müsste es ein Leichtes sein, reinen Tisch zu machen. Im lauen Umgang mit Krahs Hallodri-Kurs gegenüber China und Russland zeigt sich stattdessen die ganze Doppelmoral der AfD, wenn denn von Moral noch die Rede sein kann. Dass sie nun wehklagt, Regierung und Parteien fielen über sie her, ist ein schlechter Scherz angesichts der Keulen, mit denen die AfD unterwegs ist. Stört es ihre Wähler, dass sie so verkommen ist? Leider viel zu wenige. Denn sie wissen nicht, was sie tun."
Krisenmanagement der AfD-Spitze ist auffallend schwach
"Die Glocke": "Man müsse aufklären und die Einflussnahme fremder Staaten unterbinden, tun Alice Weidel und Tino Chrupalla zum Spionage-Fall Krah kund. Der übt nun Zurückhaltung im Wahlkampf. Mehr nicht. Zu den möglichen Geldzahlungen hieß es zuvor, man dulde es nicht, wenn Meinungen 'gekauft' werden. Sprich: Sollten sich die Vorwürfe erhärten, bliebe eigentlich nur der Rauswurf Krahs und Bystrons. Dass die AfD ihre Europa-Spitzenleute absägt, ist allerdings kaum anzunehmen. Womit die Partei ein weiteres Glaubwürdigkeitsproblem hätte."
"Neue Osnabrücker Zeitung": "Das Krisenmanagement der AfD-Spitze ist auffallend schwach. Statt klare Kante zu zeigen, soll Krah nicht mehr beim Wahlkampfauftakt der Partei auf der Bühne auftreten. Wollen Weidel und Chrupalla den Spitzenkandidaten vor den Wählern also wirklich wochenlang verstecken? Sieht so Führungsstärke aus? Nein, das ist Führungsschwäche von besonderem Ausmaß. Ein Festhalten an Krah wird der Partei schwer schaden. Mit seinen ausländer- und frauenfeindlichen Aussagen war Krah für die Partei ohnehin eine tickende Zeitbombe. Jetzt gibt es keine Alternative: Der Rechtsaußenpolitiker sollte selbst seinen politischen Rückzug erklären und de facto als Spitzenkandidat zurücktreten, auch wenn die EU-Wahlliste kaum noch zu ändern ist."
"Leipziger Volkszeitung": "Mit Mühe haben die AfD-Parteivorsitzenden Alice Weidel und Tino Chrupalla den Problembären Maximilian Krah in den Giftschrank bugsiert. Den Auftakt zum Europawahlkampf und wahrscheinlich auch die meisten weiteren Termine bestreiten Weidel und Chrupalla jetzt ohne einen sichtbaren Spitzenkandidaten. Doch der Wille und die Konsequenz, ihn komplett aus dem Rennen zu nehmen, fehlen. Verantwortlich für die Misere ist aber nicht nur Krah. Verantwortlich sind auch die Parteichefs, die seine Kandidatur nicht verhinderten. Denn die Vorwürfe einer allzu großen Nähe zu Russland und China gibt es über ihn schon lange. Auch sein verhafteter Mitarbeiter stand schon lange unter Verdacht. Aus machttaktischen Gründen hat vor allem Chrupalla seinen sächsischen Parteifreund gestützt, auch Weidel verhinderte ihn nicht."