Bundesverteidigungsminister Peter Struck (SPD) gibt heute in Berlin die von der Reduzierung der Bundeswehr betroffenen Gemeinden bekannt. 105 der 503 Standorte sollen geschlossen werden. Allen voran sind Einheiten des Heeres betroffen, Marine und Luftwaffe bleiben dagegen weitgehend verschont. Beim Heer wird fast die Hälfte der 22 Brigaden und gut ein Drittel der 123 Bataillonen aufgelöst. Besonders betroffen sind Hessen, Sachsen und Nordrhein-Westfalen.
Mit der Entscheidung vollzieht Struck den zweiten Schritt der angestrebten Verkleinerung der Bundeswehr. Die Standorte werden geschlossen, weil die Bundeswehr von 285.000 auf 250.000 Soldaten und von rund 120.000 auf 75.000 Zivilbeschäftigte reduziert wird. Strucks Vorgänger Rudolf Scharping hatte die Reform eingeleitet und 2001 beschlossen, die Zahl der Standorte von 609 auf 505 zu verringern. Diese Maßnahme ist noch nicht abgeschlossen. Gegenwärtig verfügt die Bundeswehr noch über rund 570 Garnisonen.
Koch fordert Finanzhilfen in dreistelliger Millionenhöhe
Hessens Ministerpräsident Roland Koch (CDU) rechnet durch die Standortschließungen der Bundeswehr in seinem Land mit dem Verlust von 6000 Arbeitsplätzen. "Das wird, was die Berufsarbeitsplätze angeht, etwa 6000 Arbeitsplätze von Soldaten allein in diesen Regionen kosten", sagte Koch am Dienstag im RBB- Inforadio. "Wir erwarten jetzt, dass der Bund den betroffenen Kommunen und Regionen auch hilft." Verteidigungsminister Peter Struck (SPD) und die Bundesregierung müssten dafür sorgen, dass für "die wirtschaftlichen Schäden, die dadurch entstehen" Ersatz geschaffen wird, sagte Koch weiter. Er nannte Finanzhilfen in dreistelliger Millionenhöhe eine "realistische Summe".
3000 Dienstposten in Baden-Würtemberg betroffen
Auch in Baden-Württemberg werden im Rahmen der Neuausrichtung der Bundeswehr Standorte geschlossen und reduziert: Nach dpa-Informationen stehen Horb am Neckar (Kreis Freudenstadt), Külsheim und Tauberbischofsheim (Main-Tauber-Kreis) nun endgültig vor dem Aus. Von Reduzierungen betroffen seien Sigmaringen, Stetten am kalten Markt (Kreis Sigmaringen) und Ellwangen (Ostalbkreis).
Insgesamt sollen rund 3000 Dienstposten gestrichen werden, hieß es aus Parlamentskreisen in Berlin. Auf der Liste sollen ferner noch rund ein Dutzend kleinerer Standorte im Land stehen, die aufgelöst oder reduziert werden sollen. Im Südwesten gibt es derzeit rund 40 Bundeswehrstandorte mit etwa 26.000 Soldaten und rund 10.000 zivilen Beschäftigten.
In Schleswig-Holstein werden insgesamt sechs größere Standorte aufgelöst. Dies teilte die DPA unter Berufung auf Berliner Parlamentarier mit. Neben dem Marinestützpunkt Olpenitz sind nach den Informationen Rendsburg, Bad Segeberg, Albersdorf, Kellinghusen und Breitenburg (Kreis Steinburg) betroffen. Die drei Minensuchgeschwader der Marine werden nach Kiel verlegt. Aufgelöst würden außerdem mehrere kleine Dienststellen wie Kreiswehrersatzämter, Kreis- und Bezirkskommandos.
Nach Angaben des Kieler Bundestagsabgeordneten Hans-Peter Bartels (SPD) wird die Landeshauptstadt mit dem künftigen Sitz der neuen Ostseeflottille als Marinestandort nachhaltig gestärkt. Das bedeute einen Zugewinn von etwa 1500 Dienstposten im Standortbereich. "Dies sind zukunftssichere und militärische Arbeitsplätze", sagte Bartels.

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Ein "Konversionsbeauftragter" soll helfen
Die Union hat rasche Strukturhilfen für die Regionen verlangt, in denen die Bundeswehr ihre Standorte schließen will. Die CDU/CSU-Fraktion will noch im November im Bundestag ein Sofortprogramm beantragen, wie der verteidigungspolitische Sprecher, Christian Schmidt (CSU), der "Berliner Zeitung" sagte.
Der grüne Verteidigungsexperte Winfried Nachtwei forderte einen "Konversionsbeauftragen". Eine solche Stelle könne den vom Bundeswehr-Abzug betroffenen Gemeinden bei der Bewältigung ihrer Schwierigkeiten helfen, sagte Nachtwei der in Dresden erscheinenden "Sächsischen Zeitung". Die Bundesregierung trage "eine Mitverantwortung für die Folgen des Abzugs in den besonders strukturschwachen Gebieten".