Nachdem sich die SPD bei jenem legendären Treffen am Schwielowsee neu aufgestellt hatte, verströmte die Partei wochenlang den Geruch von Aufbruch und Optimismus: Franz Müntefering als Parteichef und Frank-Walter Steinmeier als Kanzlerkandidat schienen die richtigen Männer zur richtigen Zeit zu sein. Doch dann versiebte die hessische SPD die Wahl von Andrea Ypsilanti zu Ministerpräsidentin und rief damit die alten Gespenster auf den Plan. Glaubwürdigkeitsprobleme. Flügelkämpfe. Hickhack um die Linkspartei.
Prompt verschlechterten sich wieder die Umfragewerte der Bundes-SPD. Nach der jüngsten Forsa-Umfrage im Auftrag des stern liegt sie nun schon zwei Wochen hintereinander bei 23 Prozent. Die Union büßt einen Prozentpunkt ein und bekäme 36 Prozent. Grüne und FDP können sich leicht verbessern, auf zehn beziehungsweise 13 Prozent. Die Linkspartei taxiert Forsa derzeit auf 12 Prozent.
Mehr zu den Forsa-Daten
... im neuen stern
Unter der Schwäche der SPD beginnt nun auch ihr Kanzlerkandidat zu leiden. Der Abstand zwischen Frank-Walter Steinmeier und CDU-Chefin Angela Merkel ist jedenfalls wieder größer geworden. Könnten die Befragten den Kanzler direkt wählen, würden 52 Prozent ihre Stimme Angela Merkel geben. Für Steinmeier, der als Außenminister eigentlich über einen großen Sympathiebonus verfügt, würden sich nur 23 Prozent entscheiden. "Das ist der schlechteste Wert seit dem Führungswechsel", sagt Forsa-Chef Manfred Güllner im "Café Einstein", dem Web-TV-Interview. Die chaotische Situation in Hessen schlage nun auch auf Steinmeier durch.
Nur innerhalb der SPD-Anhänger hat Steinmeier noch einen großen Rückhalt. 60 Prozent dieser Gruppe würde ihn bei einer Direktwahl als Kanzler bevorzugen. Steinmeier müsse daran arbeiten, diesen Rückhalt auszubauen, meint Güllner. "Er muss noch etwas tun."
Alternativen zu Steinmeier hat die SPD derzeit nicht. Finanzminister Peer Steinbrück, der beim Management der Finanzkrise eine gute Figur machte, scheidet aus einem simplen Grund aus. "50 Prozent wissen nach wie vor nicht, dass er in der SPD ist", berichtet Güllner. "Im Augenblick wird er eher als Gehilfe von Frau Merkel wahrgenommen." Außerdem hat Steinbrück ein Problem, das seinem Amt geschuldet ist. Er gilt als Sachwalter der Finanzen - aber nicht als politische Führungsfigur.
Für Frank-Walter Steinmeier, der jüngst erstmals in die Opel-Krise eingriff und sich damit auf ein neues Politikfeld wagte, gilt im Prinzip Ähnliches. "Es ist seine große Schwierigkeit, dass er das Amt des Außenministers weiter ausüben muss. Das bringt ihm Sympathien, aber das reicht nicht aus. Denn über außenpolitische Themen ist noch keine Bundestagswahl entschieden worden", sagt Forsa-Chef Manfred Güllner. "Er muss also insgesamt politische Kompetenz gewinnen, auch auf dem Gebiet der Ökonomie." Stimmen die Prognosen der Wirtschaftsexperten, hat Steinmeier dazu in den kommenden Wochen reichlich Gelegenheit.