Streit um Visa-Vergabe Volmer-Erlass trägt Fischers Unterschrift

Joschka Fischer habe durch seine Zustimmung zum Volmer-Erlass den Weg für Schleuserbanden bereitet - so der Vorwurf der CDU. Auch das Auswärtige Amt bestätigte jetzt, dass Fischer den umstrittenen Erlass zumindest unterschrieben habe.

Das Auswärtige Amt hat bestätigt, dass der umstrittene Volmer-Erlass zur Visa-Vergabe aus dem Jahr 2000 von Außenminister Joschka Fischer (Grüne) unterschrieben und genehmigt worden ist. Damit bestätigte es gleichzeitig Vorwürfe von Angela Merkel. Die CDU-Chefin hatte am Donnerstag vor einem Untersuchungsausschuss Außenminister Joschka Fischer persönlich für die derzeit heftig diskutierte Praxis der Visa-Erteilung verantwortlich gemacht. Man könne mit Fug und Recht vom „Fischer-Erlass“ sprechen, sagte Merkel.

Ausschuss prüft Vorwürfe

Ein von der Union durchgesetzter Untersuchungsausschuss versucht zur Zeit zu klären, ob die Bundesregierung durch die frühere Praxis der Visa-Vergabe Schleuserkriminalität gefördert hat. Die Opposition kritisiert, dass der inzwischen nicht mehr gültige Volmer-Erlass die Anforderungen zur Überprüfung von Einreise-Anträgen zu lax vorgegeben habe. Dadurch habe die Regierung den massenhaften Visa-Missbrauch durch Schleuserbanden in Kauf genommen, die wiederum potenzielle Gewalttäter nach Deutschland und in andere Länder gebracht hätten. Die CDU/CSU im Untersuchungsausschuss glaubt Beweise zu haben, dass mit diesem Volmer-Erlass ein Einfallstor für die massenhafte Einschleusung von Kriminellen, Schwarzarbeitern, Prostituierten und Terroristen geschaffen wurde.

Merkels Vorwürfe gegen Fischer basieren dagegen auf entsprechende Aussagen von seinem früherem Staatsminister Ludger Volmer (Grüne). Ludger Volmer hatte am Wochenende eine Alleinverantwortung für den nach ihm benannten Erlass abgelehnt. "Mir wurde der Erlass auf Ministerweisung zur nachträglichen Billigung vorgelegt", hatte er dem Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" gesagt. Die Verordnung vom März 2000, die er weiterhin für richtig halte, sei vom Referatsleiter bis zum Minister abgezeichnet worden - nur er selbst habe keine Unterschrift geleistet. Später machte er in einer Erklärung deutlich, er habe keine Verantwortung auf Fischer abwälzen wollen.

Eine Außenamts-Sprecherin bestätigte, dass Erlasse und Berichte immer von den zuständigen Fachreferaten verfasst würden. Nach dem Weg durch die Gremien müssten diese dann auch von der Amtsführung gebilligt werden. Der Erklärung Volmers habe sie indes nichts hinzuzufügen. Ihr Ministerium werde sich an der Sacharbeit des Ausschusses konstruktiv beteiligen. Nicht beteiligen werde man sich aber an Polemik und einer Vermengung von Sachverhalten, die nicht zusammengehörten.

Wurde der Missbrauch früh genug erkannt?

Bei der Debatte um zu laxe Visa-Vergaben geht es vor allem um Reiseerleichterung. Mit dem so genannten Volmer-Erlass waren die deutschen Botschaften im März 2000 angewiesen worden, bei strittigen Visafragen "im Zweifel für die Reisefreiheit" zu entscheiden. Diese Regelung sei grundsätzlich nichts schlechtes, so lange sie nicht von Schlepperbanden ausgenutzt werde, sagte Volker Neumann, Vorsitzender des Untersuchungsausschusses. Allerdings liegt genau hier die Schwäche des Erlasses. Schnell sei erkannt worden, dass Schleuser und andere Kriminelle die Großzügigkeit ausgenutzt haben. Aus diesem Grund wurde der Erlass im vergangenen Jahr zurückgenommen. "Und das ist die Frage: Ist das früh genug erkannt worden?", fasst der Vorsitzende des Ausschusses die Problematik zusammen. Nach Ansicht der CDU kam die Rücknahme eindeutig zu spät.

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AP/DPA/Reuters